Auf Österreichs Bühnen darf nicht geraucht werden. Ferdinand von Schirach musste hierzulande also nicht befürchten, was im Theater in Dessau passierte. Dort brüllte ihm eine Frau aus der dritten Reihe zu: „Lassen Sie das!“, als er sich eine Zigarette anzünden wollte: „Ich habe einen unheimlichen Schreck bekommen, weil die Stimme auch ein bisschen so klang wie die von Alice Weidel“, erzählte der ehemalige Strafverteidiger und Bestseller-Autor („Terror“) Montagabend im Stadttheater. Seit Dessau habe er Angst vor dieser Szene, aber hier in Kärnten dürfe er überhaupt nicht rauchen, „sehr merkwürdig“.

Ferdinand von Schirach: Regen. Luchterhand, 112 Seiten, 21.50 Euro

Aber auch ohne das gewohnte Nikotin begeisterte Ferdinand von Schirach beim Klagenfurt Festival mit seinem Monolog „Regen“ – ein Stück über einen gescheiterten, depressiven Autor, der als Laienrichter im Fall eines Femizids berufen wurde, aber sich fragt, ob es überhaupt unvoreingenommene Urteile geben kann. Der Mann auf der Bühne, der vor dem Regen ins Trockene geflüchtet ist, nutzt die Ausgangssituation zu allerhand Exkursen über die Liebe, das Leben und Vergebung („Niemand kann sich selbst seine Schuld erlassen“), er erzählt Anekdoten, etwa über Hemingway, und ärgert sich über Rucksäcke im Stadtbild und Touristen an weißen Sandstränden (Fischkot!). Und überhaupt: 80 Prozent „von allem“ sei ohnehin „Mist“.

Alles fügt sich da klug ineinander, den feingeistigen, immer wieder auch überraschend witzigen Monolog gibt es auch in Buchform. Es ist aber der elegant-bedächtige Vortrag von Ferdinand von Schirach, der den Text erst richtig zum Glänzen bringt. Standing Ovations.