Wenn draußen die Bomben fliegen, Raketen einschlagen und tote Kinder auf den Straßen liegen, wäre ein Rückzug in eine Welt ohne schlimme Nachrichten zwischendurch sehr verlockend. Aber das spielt es nicht. Schon gar nicht bei Peter Turrini, dem das Leben der kleinen Leute im Schlagschatten der großen Geschichte seit jeher ein besonderes Anliegen ist.

Sein für die Raimundspiele Gutenstein geschriebenes Stück „Es muss geschieden sein“ wirkt zunächst  etwas aus der Zeit gefallen. Nicht nur, weil es im biedermeierlichen Wien des Revolutionsjahres 1848 angesiedelt ist. Auch der zusammen gewürfelten Gruppe von Vorstadtgauklern, die Raimunds Zaubermärchen „Der Bauer als Millionär“ probt, während die kaiserlichen Truppen gegen die Aufständischen vorgehen, nimmt man vorerst nur eines ab – Unvermögen auf allen Ebenen. Thomas Frank als Regisseur Ferdinand steht ohnehin auf verlorenem Posten: „Das Theater kann mit dem Tod nicht konkurrieren. Wir spielen ihn nur“.

Henkersmahlzeit eines Delinquenten

Eine improvisierte Bühne auf der Bühne (Miriam Busch) also, an der Rampe verspeist Adam Holzapfel, „Vater von fünf schönen Kindern“, ein Schnitzel. Es ist die Henkersmahlzeit jenes Delinquenten, den der Füsilier Holzapfel erschießen wird, ehe er wieder in seinen weniger lukrativen Job als Hausmeister am Theater wechselt. Zudem fungiert Holzapfel als Erzähler. Günter Franzmeier durchdringt diese Figur mit an exakte Körpersprache angebundenen bitteren Scherzen, abgeklärten Phrasen und Kommentaren zu den politischen Zuständen. An die Wand gespielt wird er nur von Johanna Mahaffy, die als „Zäzi“ (von Zäzilie) mit Temperament und Zartheit ihre Position in der Raimund-Truppe behauptet und mit vielschichtigen Interpretationen des „Brüderlein fein“ aufhorchen lässt. Susanna Wiegand ist als resolute Katharina ein Glücksfall, Michael Dangl liefert eine Charakterstudie als Wurzen, Herbert Föttinger einen reichen Tuchhändler, der Gefühle durch Geld ersetzt.

In der Regie von Stephanie Mohr sickert das Schaurige langsam und hinterrücks ein. Das Theater, Sehnsuchtsort der Gauklergruppe, gibt es so längst nicht mehr. Spitzen gegen das Burgtheater sorgen für Lacher. Das soziale Gefüge wird fragiler. Adam Holzapfel, dem die Fress-Freiheit wichtiger wäre als die Press-Freiheit vertilgt wieder Steckrüben statt Schnitzel. Das Premierenpublikum applaudierte recht angetan und bejubelte Peter Turrini.