Wenn alles gut geht, wird es die letzte Saison im problematischen Ausweichquartier des Theaters an der Wien sein, die Intendant Stefan Herheim am Freitag vorgestellt hat. Im Herbst 2024 soll, so der Terminplan hält, das renovierte Traditionshaus an der Wien bezugsfertig sein. Die Zwischenzeit wird das Team um Herheim wieder mit einem ausgefallenen Programm im Museumsquartier füllen. Sieht man von Gounods "Roméo et Juliette" ab, bekommt das Publikum erneut Gelegenheit, selten oder nie Gehörtes kennenzulernen.

Gleich zur Eröffnung erklingt Donizettis für Paris umgeschriebene Oper "Les Martyrs". Das Original, "Poliuto", war in Italien der Zensur zum Opfer gefallen. Heute werden "Les Martyrs" wegen der enorm hohen Anforderungen an die Sänger selten gespielt. Ebenso wie Händels Oratorium "Theodora", das Herheim selbst zum Musikdrama umformen wird, lotet die Grand Opéra die menschliche Opferbereitschaft aus. Weinbergers "Schwanda der Dudelsackpfeifer" kommt nach Graz nun auch in Wien auf die Bühne, die Titelpartie singt Andrè Schuen.

Zu Weihnachten setzt Herheim wieder eine "Familienoper" an, diesmal Oliver Knussens "Wo die wilden Kerle wohnen". Mit Antonio Salieris 1788 komponierter Oper "Kublai Khan" bietet das Haus eine überraschende Uraufführung. Das von Kaiser Joseph II. bestellte Werk, das sich über den Zaren lustig macht, musste damals knapp vor der Uraufführung aus politischen Gründen abgesetzt werden.

Bernsteins Comic Operetta "Candide" wird Marin Alsop dirigieren, die bei dem amerikanischen Dirigenten und Komponisten einst das Handwerk gelernt hat. Die amerikanische Regisseurin Lydia Steier, die bei den Salzburger Festspielen Mozarts "Zauberflöte" inszeniert hatte, wird zum ersten Mal in Wien inszenieren. "Roméo et Juliette", Herheims einzige Konzession an den breiteren Publikumsgeschmack, wird der Ukrainer Kirill Karabits dirigieren.

Da die Saison wegen des Einzugs der Wiener Festwochen in die Halle E früh zu Ende gehen muss, setzt Herheim zum Abschluss eine Premiere an anderem Ort an. Michael Boder und Regisseur Johannes Erath widmen dem vielseitigen, abergläubischen Arnold Schönberg zum 150. Geburtsgag unter dem Titel "Freitag, der 13." einen "sinnlich-verrückten" Abend im "Reaktor", einer Spielstätte im 17. Wiener Gemeindebezirk.