Die Grammys, seit 1959 von der Recording Academy in den USA vergeben, gelten hauptsächlich der U-Musik - mit acht Nominierungen ist US-Rapperin Lizzo der Superstar der Stunde. Aber unter den 84 Kategorien finden sich auch Auszeichnungen für E-Musik. Und da heuer auch wieder zwei Anwärter aus Österreich. Zudem haben sich Steirer und Schweden als Metaller zusammengetan.

Christina Pluhar

Rot-weiß-roten Anstrich hat die Kategorie Bestes Solostimmen-Album im Klassikbereich: Hier findet sich "Himmelsmusik"  von Christina Pluhar und L'Arpeggiata unter den fünf Sieganwärtern. Die in Paris lebende Grazer Lautenistin nahm mit ihrem Originalklangensemble und einem Vokalquartett um den französischen Countertenor Philippe Jaroussky und die belgische Sopranistin Céline Scheen Raritäten aus dem deutschen Frühbarock auf.

Falls es ein Preis werden sollte, kann ihn Pluhar nicht selbst abholen, Scheen ist an ihrer Stelle in Los Angeles: Denn die 54-jährige probt gerade in Salzburg und führt am Dienstag, diesmal als Dirigentin, bei der Mozartwoche mit L'Arpeggiata, mit dem Bachchor Salzburg und Solisten wie Julia Lezhneva (Sopran) die Vesperae solennes de Confessore für Soli, gemischten Chor, Orchester und Orgel von Mozart sowie die „Ode auf St. Caecilia“ von Georg Friedrich Händel in der Mozart-Bearbeitung auf.

Die Grammy-Nominierung sei für Pluhar, 2019 von der "Kleinen Zeitung" unter die "Grazer Köpfe des Jahres" gewählt, "völlig überraschend gekommen, gestand sie im Interview mit den "Salzburger Nachrichten": "Wir haben bislang 20 CDs aufgenommen, für das Album ,Himmelsmusik' hätte ich die Nomnierung aber überhaupt nicht erwartet." Aber warum nicht? "Den Echo und den Opus Klassik in Deutschland haben wir schon öfter bekommen. Aber ein Grammy ist noch einmal was anderes". Konkurrenten sind übrigens Aufnahmen mit Joyce DiDonato oder Matthias Goerne.

Napalm Records

Als am 20. November die Nominierungen für den weltweit wichtigsten Musikpreis bekannt gegeben wurden, knallten auch bei Markus Riedlers Napalm Records in Eisenerz die Korken: In der Grammy-Kategorie „Beste Metal-Darbietung“ ist nämlich der Song „Astorolus – The Great Octopus“ von Candlemass nominiert, der mit Black Sabbath-Legende Tony Iommi eingespielt wurde. Die schwedische Doom-Metalband ist auf dem steirischen Plattenlabel zu Hause – für die Eisenerzer mit Niederlassungen in Berlin und Austin/Texas, die übrigens das Festival "Rock in Graz" auf dem Messengelände kuratierten, ist es ebenso die erste Grammy-Nominierung wie für die Band. Durchsetzen muss man sich in Los Angeles jetzt „nur“ noch gegen Tool, Killswitch Engage, I Prevail und Death Angel.

Manfred Honeck

Der Vorarlberger Dirigent Manfred Honeck kann sich nach seinem Grammy-Erfolg aus dem Jahr 2018 heuer wieder Chancen auf die Auszeichnung ausrechnen. Seine insgesamt fünfte Nominierung erreichte er mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra in der Kategorie "Beste Orchesterperformance" ein. Ihre Einspielung von Anton Bruckners 9. Symphonie hat es überdies für den besten Klassikproduzenten (Dirk Sobotka) und den besten Toningenieur im Klassikbereich (Mark Donahue) auf die Nominiertenliste geschafft.

2018 heimste die von Honeck dirigierte CD mit Dmitri Schostakowitschs Symphonie Nr. 5 und Samuel Barbers Adagio zwei Grammys ein, davon einen als „Best Orchestral Performance“. Und bei den International Classical Music Awards wurde er zum „Artist of the Year“ gekürt.

„Wunderbar, doch die Preise gebühren der ganzen Institution Pittsburgh Orchestra“, sagte Honeck bei einem Wien-Besuch im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Viele Menschen, auch bei ihm daheim in Vorarlberg, hätten ihn darauf angesprochen. „Grammy ist ein Zauberwort mit riesiger Strahlkraft, obwohl er ja eher mit Popmusik verbunden wird. Oder vielleicht gerade deshalb.“

Seit 2008 ist Honeck Musikdirektor des renommierten Orchesters in Pennsylvania und pendelt zwischen dem Nordosten der USA und seiner Heimat. Das sei kein Problem, denn unterwegs war der längst in der Top-Liga angekommene Maestro seit Karrierebeginn ständig.

Nach dem Studium der Geige und Bratsche an der Musikhochschule Wien wurde er Mitglied der Philharmoniker. Als Assistent von Claudio Abbado beim Gustav-Mahler-Jugendorchester und als Leiter des Wiener Jeunesse-Orchesters bog er in seine zweite Laufbahn ein. „Mir war schon als kleinem Buben klar, dass ich eines Tages auf der Bühne stehen und ein Instrument spielen und dirigieren will“, erzählt Honeck, der in Altach mit acht Geschwistern entbehrungsreich aufwuchs. Dirigieren bedeute für ihn nicht nur Musik zu machen, sondern auch Menschen zu führen. „Man ist wie der CEO in einem Unternehmen, und neben den künstlerischen gibt es auch viele organisatorische Aufgaben. Ein Dirigent gestaltet das Zusammenspiel. Er muss in die Geheimnisse der Musik eindringen, in die Emotion, und sein Wissen den Musikern vermitteln und sie motivieren.“

Als Junger hat Honeck alle bewundert, „die den Willen zur Gestaltung hatten, wie Karajan, Bernstein, Abbado, Maazel, Harnoncourt. Carlos Kleibers Technik hat mich speziell fasziniert.“ Letztlich gehe es aber immer um Authentizität und eine unverwechselbare Tonsprache, kongenial zu der des Komponisten. Seinen eigenen Stil sieht er „auf Farben ausgerichtet. Schon Gustav Mahler sagte: 'Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.' Es geht darum, die richtigen Farben zu finden. Das kann magisch wirken, wenn es gelingt.“

Honecks künftige Wünsche und Ziele? „Ich habe viel erreicht, aber noch lang nicht alles dirigiert, was ich möchte. Zum Beispiel die 8. Symphonie von Mahler, das Requiem von Antonín Dvorák oder das Te Deum von Hector Berlioz. Ich bin jedenfalls permanent auf Entdeckungsreise.“ Auch die Wiederaufnahme schon gespielter Werke offenbare immer wieder neue Entdeckungen. „Man ist wie ein Kind und freut sich über Erkenntnisse.“ Dirigenten würden immer weiser, sagt der Maestro lächelnd. Vielleicht seien sie aus diesem Grund auch noch im höheren Alter nachgefragt.