Sie sind Sänger, Schriftsteller und Regisseur, jetzt auch noch Intendant. Was war die Motivation, ins künstlerische Management einzusteigen?
Als ich gefragt wurde, ob ich mir das vorstellen könnte, war es ein großer inspirierender Moment für mich. Die Motivation war Mozart und eine freundschaftliche Beziehung zur Stiftung Mozarteum. Ich habe dann intensiv darüber nachgedacht, was man hier fünf Jahre lang machen könnte, und man war zufrieden mit meinem Konzept.
Und was war die Grundidee?
Mozart war kein Rebell, kein Revolutionär, er war jemand, der mit den Regeln spielte und der oft nach hinten geschaut hat. Ich versuche, kein Revolutionär zu sein, sondern an die Anfänge der Mozartwoche 1956 anzuknüpfen. Damals hat man ausschließlich Mozart gespielt.
Sie möchten den ganzen Kosmos Mozart abbilden?
Ja, wir möchten von den 626 Werken so viele wie möglich aufführen. Die Meisterwerke sind alle dabei, aber wir haben die Verantwortung, auch Unbekanntes zu zeigen, so wie „Betulia Liberata“ in diesem Jahr. Die Essenz der Mozartwoche ist das Konzertprogramm. Mozart war ein Musikdramatiker, auch in den Symphonien. Ein großes szenisches Projekt im Jahr ist wichtig. Aber es soll etwas sein, was man nicht überall sieht. Wie eben „T. H. A. M. O. S.“ mit La Fura dels Baus.
Sie haben in den letzten Jahren in Baden-Baden die Tenorpartien der großen Mozartopern – und sogar die Baritonrolle Papageno – erarbeitet. Wie war diese Erfahrung?
Meine allererste Opernrolle mit 21 hatte ich in Mozarts „Il re pastore“. Ich bin 2010 also zu meinem Anfang zurückgekehrt, als man mir den Don Ottavio aus „Giovanni“ angeboten hat. Zur Vorbereitung habe ich Mozarts Briefe gelesen, und ich war verliebt. Solch eine Sympathie für einen Komponisten habe ich nie zuvor erlebt. Und das passiert ja nicht nur mir! Jeder, der diese Musik hört, empfindet diese Liebe.
Worin besteht für Sie Mozarts Faszination?
Mozart ist hochdramatisch, aber der Ausdruck ist immer pur. Die Balance zwischen einem Zuviel und einem Zuwenig an Ausdruck ist schwer zu halten. Traurigkeit und Glück sind bei ihm verschränkt. In einem Satz voll Trauer ist das Licht schon mitkomponiert. Am Ende gewinnt immer das Licht. Bei jedem einzelnen Werk. Das heißt nicht, dass die Schatten von der Welt verschwänden.
Spannend, weil das ja auch auf der historischen Ebene gilt. Jede einzelne Oper Mozarts ist eine Aufklärungsoper.
Man darf nicht vergessen, dass er Freimaurer war, das waren keine Esoteriker, das waren Philosophen. Mozart ist ein Intellektueller, was er in den Briefen nur selten erkennen lässt.
Ist es schwer, hinter diesen ganzen „Amadeus“-Klischees zum „echten“ Mozart vorzudringen?
Das ist sogar unmöglich. Viele Interpretationen seiner Figur haben etwas Wahres, aber keine kann ihn ganz erklären. Das Geheimnis, das ihn umgibt, ist ja fantastisch, weil man immer etwas Neues entdecken kann. Wenn ich frage, wer ist der beste Komponist, sagt man Bach, Beethoven, Mozart usw. Aber nach der Frage nach dem beliebtesten Komponisten gibt es nur eine Antwort: Mozart. Seine Musik hat nicht nur Größe, sondern etwas Intimes. Sie spricht zu jedem direkt. Wenn man das hört, denkt man: „Er hat das für mich geschrieben. Diese Musik gehört zu mir!“
Sie stehen heute seltener auf der Opernbühne als früher. Geht Ihnen die als Theatermensch ab?
Gar nicht, ich möchte eine Balance finden zwischen Konzerten, Opernaufführungen, zwischen Regiearbeiten, zwischen der Zeit fürs Schreiben und für die Familie. Ich liebe es, ohne Ziel spazieren zu gehen. Zeit für sich selbst zu haben, ist ganz wichtig. Und jetzt gibt es für mich ohnehin nichts anderes als die Mozartwoche.
Und ihr dritter Roman?
Es fehlen noch drei Kapitel von 45 (holt ein Heft mit handschriftlichen Notizen hervor). Er spielt 2015 im Sommer in Salzburg! Im Februar bin ich fertig, denke ich.
In ihren ersten beiden Romanen geht es um Außenseiter. Fühlen Sie sich selbst auch als Außenseiter?
Ja. Überall! Aber es ist ein gutes Gefühl. Ich fühle mich überall als Fremder, aber das ist nicht schlimm, sondern schön, wenn man offen für Entdeckungen ist. Aber ich bin ein Außenseiter, ja, Regeln und Konventionen finde ich nicht so interessant.