Gottfried von Einem habe, seinem Stil treu bleibend, zugleich eine "unglaubliche Variabilität" in seinem Schaffen bewiesen, meinte Robert Lehrbaumer, Pianist und künstlerischer Leiter der Meisterkonzerte. Im Gespräch mit Lehrbaumer erinnerte sich Caspar Einem, Sohn des Komponisten und u.a. ehemaliger SPÖ-Bundesminister für Inneres bzw. für Wissenschaft und Verkehr, an seinen Vater - und hatte nicht nur Lobeshymnen parat. Denn: "Mit Kindern hat er's nicht wirklich gehabt", eine ernsthafte Kommunikation habe er erst im Alter von 18 Jahren erfahren, als angemessenen Gesprächspartner über Musik habe er sich nicht wahrgenommen gefühlt.
Der Vater konnte "warmherzig, verständnisvoll und unterstützend" sein, so Caspar Einem. "Wenn er einmal jemand ins Herz geschlossen hat, war er auch treu, durch dick und dünn." Zugleich sei er eine "barocke Persönlichkeit gewesen, die sehr herrschaftlich aufgetreten ist". Da seien dann schon auch die "Fetzen geflogen". In seinen späten Jahren sei er allerdings milde geworden. Parteipolitisch sei er nicht interessiert gewesen. Und nein, es werde nie langweilig, über den Komponistenvater zu reden, der in seiner Essenz einfach "ein großer Komponist" gewesen sei. "Das war von Kindheit an sein Ziel."
Der ehemalige ÖVP-Vizekanzler Busek wiederum berichtete, über den seinerzeitigen Wiener Kulturstadtrat Jörg Mauthe in den engsten Freundeskreis des Komponisten gekommen zu sein. Er, Busek, sei in seiner Zeit als Wissenschafts- und Bildungsminister "ein gefundenes Fressen" für Gottfried von Einem gewesen, der sich gerne zu Wort gemeldet habe. Zu Personalentscheidungen und Prioritätensetzungen habe er "immer sehr pointiert Meinungen vertreten" und "relativ aggressiv Stellung bezogen". Busek: "Ich kann nur jedem Politiker einen Gottfried von Einem wünschen, der ihm keine Ruhe lässt." Das Nachtgebet heutiger Politiker laute ja "O halte fern, o Herr, was meine Ruhe stört", jedoch, so Busek: "Das ist genau das Falsche!"
Auch von Einems Einsatz für Bert Brecht, überhaupt sein Bezug zur Literatur wurden thematisiert. Busek erwähnte Bestrebungen, die Opern "Der Prozess" und "Jesu Hochzeit" wieder auf die Bühne zu bringen. Letzteres Werk habe unter der Skandalisierung vor der Uraufführung gelitten, meinte er. Seine eigene Absenz bei der Premiere im Jahr 1980 bedauert Busek - damals Wiener Vizebürgermeister - nachträglich sehr selbstkritisch: "Das war kein Heldenstück."
Der musikalische Teil des Abends darf nicht unerwähnt bleiben. Auf dem Programm standen kammermusikalische Werke von Haydn, Mozart und Schubert, zu denen Gottfried von Einem gewisse Affinität hatte. Von ihm selbst gelangten zwei Klavierstücke sowie die "Steinbeis-Serenade" op. 61, Variationen über ein Thema aus Mozarts "Don Giovanni", zu Gehör. Robert Lehrbaumer hat Einems gesamtes Klavierwerk auf CD eingespielt und erwies sich als mehrfacher Uraufführungsinterpret und Widmungsträger von Einem'scher Musik somit - gemeinsam mit durchwegs ausgezeichneten Instrumentalisten - auch als idealer Gestalter dieses anregenden und informativen Gedenkens an einen der wesentlichsten österreichischen Komponisten des 20. Jahrhunderts.