Mit Bernd Weikl feiert am Samstag (29. Juli) einer der markantesten und vielseitigsten Baritone der Opernwelt seinen 75. Geburtstag. Der Wiener Kammersänger, seit 1998 Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper, hat mit einem breiten Repertoire von Mozart und Verdi über die Operette bis hin zur Moderne Weltkarriere gemacht und als Hans Sachs in Wagners "Meistersinger" Geschichte geschrieben.
Der 1942 in Wien geborene spätere Künstler studierte zunächst Volkswirtschaft, dann Gesang in Mainz und an der Musikhochschule Hannover, wo er 1968 am dortigen Opernhaus debütierte. In Wien gab er seinen Einstand 1971 an der Volksoper. Er sang in der Bundeshauptstadt anschließend auch an der Staatsoper, wo er 1972 als Barbier von Sevilla debütierte. Es folgten Auftritte in Hamburg, am Royal Opera House London, der Staatsoper München und der Metropolitan Opera in New York. Und nicht zuletzt begann ab 1972 die Liaison mit den Bayreuther Festspielen, wo Weikl in über 250 Vorstellungen zu sehen war.
Das Repertoire des Sängers umfasst rund 120 Partien in fünf Sprachen. Weikl ist Österreichischer, Bayerischer und Hamburger Kammersänger und promovierte 1993 in Vilnius über "Die Übertragbarkeit des Marketing-Modells auf die Unternehmenspolitik freischaffender Künstler" in Wirtschaftswissenschaft. 1988 wurde ihm der Titel "Professor" verliehen, 1998 das Ehrendoktorat in Musikwissenschaft. Im gleichen Jahr erhielt Weikl im Anschluss an seine 399. Vorstellung im Haus am Ring die Ehrenmitgliedschaft der Wiener Staatsoper. Im Ort seiner Kindheit, dem bayerischen Bodenmais am Arber, ist Weikl überdies mit einer Bronzebüste vor dem Rathaus und einer kleinen Dauerausstellung mit Memorabilien verewigt.
2002 war der Künstler als möglicher Nachfolger von Dominique Mentha als Direktor der Volksoper Wien im Gespräch. "Ich habe andere Interessen", winkte er damals ab. Der Sänger, der seit langem in Hamburg wohnt, hat andere Betätigungsfelder gefunden: Als Regisseur inszenierte er u.a. am Tokioter New National Theatre "Die Meistersinger von Nürnberg" sowie Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt" an der Kölner Oper. Auch sozial ist Weikl in vielen sozialen Bereichen engagiert. Als Mitglied des "Club of Budapest", der dem "Club of Rome" angeschlossen ist, setzt er sich beispielsweise mit wesentlichen Zukunftsfragen der Menschheit auseinander.
Und nicht zuletzt ist Weikl auch als Autor aktiv. So lautet der Titel seiner 2007 erschienenen Autobiografie "Licht & Schatten. Meine Weltkarriere als Opernsänger. Eine Mutter-Sohn-Beziehung als zweite Handlung", wobei er sich mit "Einführung in die Kultur- und Kunstökonomie" auch wieder der Wirtschaft zuwandte - sowie seinem Lebenskomponisten Wagner. Den wollte er - augenzwinkernd - nämlich verbieten lassen. Sein 2014 erschienenes Pamphlet "Warum Richard Wagner in Deutschland verboten werden muss" versammelt kritische Stimmen zu Wagners NS-Wegbereitertum, treibt sie auf die Spitze und zieht die scheinbar logische Konsequenz, Werke des Komponisten auf den Index setzen zu lassen. Er selbst habe als Wagner-Sänger aufgrund der zahlreichen Hinweise auf dessen belastete Historie "ständig mit Hitler zu tun" gehabt: "Wie komme ich dazu?". Ein anderes Fach habe es für ihn aber nie gegeben. "Ich bin nun mal Schwerathlet", sagte er in einem Interview. Und diesem Schwerathlet spürt am morgigen Donnerstag auch Ö1 nach, wenn in der Reihe "Stimmen hören" ab 14.05 Uhr den kommenden Jubilar ins Zentrum rückt.