Sting hat - nicht zum ersten Mal - die ausverkaufte Burg Clam und rund 9.000 Fans erobert: Bei seinem Konzert im Rahmen der "57th & 9th"-Tour am Dienstagabend waren es einmal mehr die alten "Police"-Hadern, die für Vollgas sorgten, garniert mit ein paar feinen Sting-Solo-Hits fürs Gemüt. Überraschungen waren keine im Programm. Aber Sting bewies, dass auch "Routine" großen Spaß machen kann.
Grundsätzlich ist die aktuelle Tour in kleiner Besetzung ziemlich reduziert: Sting-Langzeit-Gitarrist Dominic Miller, Drummer Josh Freese und Millers Sohn Rufus an der zweiten Gitarre sowie natürlich am Bass Sting himself. Allerdings hat sich Ober-Polizist Sting Verstärkung geholt: zum einen seinen ältesten Sohn Joe Sumner aus der ersten Ehe mit Schauspielerin Francis Tomelty; zum anderen den grandiosen Akkordeonisten Percy Cardona von The Last Bandoleros, die auf dem aktuellen Sting-Album für die Backing Vocals sorgen. Joe Sumner bestritt nicht nur das - von Sting kurz eingeleitete - Vorprogramm souverän allein an der Gitarre, er war beim Haupt-Act auch als Backgroundsänger aktiv. So standen gleich zwei tolle Vater-Sohn-Kombinationen auf der Bühne: die Sumners und die Millers.
"Englishman" nah am Reggae
Musikalisch lag der Schwerpunkt eindeutig auf den Uptempo-Hits von Police: Start mit "Synchronicity II", gleich gefolgt vom ähnlich flotten "Spirits In The Material World". Erstmals ein bissl runtergebremst wurde dann mit einer "Englishman In New York"-Version, die sehr nah am Reggae angesiedelt war. Kurze Zeit später: der Rock'n'Roller "She's Too Good For Me" mit genialen Akkordeon-Einwürfen von Percy Cardona. "Fields Of Gold" und "Shape Of My Heart" kamen fast rein akustisch fein über die Bühnenkante auf die dicht von den Fans bevölkerte Maierhofwiese, ehe die Herrschaften mit "One Fine Day" und dem genialen "Message In A Bottle" wieder ordentlich Gas gaben.
Worauf Joe Sumner (40) - auf Deutsch - über seinen 65-jährigen Erzeuger befand: "Der Papa ist ein bisschen müde" - und allein David Bowies "Ashes to Ashes" sang, mit einer großartigen Stimme, die ihre Herkunft übrigens keineswegs verleugnen kann. Der Bowie-Hit ging dann in das hymnische "50.000" mit ganzer Band über, was den Höhepunkt einläutete: "So Lonely" in effizientester "Police"-Manier, gefolgt von "Desert Rose" in Sting'scher Songwriting-Grenzüberschreitung zum Orientalischen und schließlich einmal mehr "Police"-Edelmaterial mit "Roxanne", in dessen Langversion der Meister dann auch gleich noch den Bill Withers-Klassiker "Ain't No Sunshine Anymore" einbettete.
Als Zugabe folgte mit "Next To You" ein letzter "Police"-Rocker, danach der Sting-Superhit "Every Breath You Take" und ganz am Ende - ebenso genial wie fast schon unausweichlich - "Fragile". Sting präsentierte sich auf Burg Clam wohltuend abgeklärt und routiniert im besten Sinn. Ganz nebenbei ist er auch ein souveräner Bassist, der mit großer Selbstverständlichkeit für ein ordentliches Song-Fundament sorgt. Wie wohltuend ist es, bei einem Open Air einen glasklaren Sound von einem Star zu hören, der einfach gute Musik und damit den Fans Freude macht - ganz ohne übertriebenem Show-Gehabe wie andere, die als Rock-Dinosaurier unbedingt die große Geste "Schaut her, ich sollte bei meinem tollen Rock'n'Roll-Lebenswandel eigentlich schon seit 30 Jahren tot sein, kann aber immer noch flott Spektakel-Riffs auf meiner Gitarre" brauchen.
Werner Müllner/APA