Nicht nur thematisch präsentiert sich das neue Werk des Komponisten, der schon 2009 die Kinderoper "Antonia und der Reißteufel" an der Volksoper vorgelegt hatte, als Mosaik aus den erfolgreichen Wiener Musicals der vergangenen Jahre. Im Kern stellt "Vivaldi" eine Pastiche aus Sylvester Levays Arbeiten für die Vereinigte Bühnen Wien (VBW) wie "Elisabeth" oder "Rebecca" gespickt mit einigen Barock-Fragmenten in der Instrumentierung dar - sowie 80er-Jahre-Italopop zum Drüberstreuen.
Als Interludien dient die Musik der "Vier Jahreszeiten" des Titelprotagonisten, steht doch dessen Leben im Mittelpunkt der Handlung. Diese zeichnet die Vita des Venezianers nach, der schon als Kind für die Priesterschaft vorhergesehen war. Geschlagen wird der Bogen vom Kampf um ein Leben als selbstständiger Künstler über den großen Erfolg bis hin zum finalen Abstieg samt verarmtem Tod in Wien.
Eher unnötig, da unfreiwillig komisch, sticht hingegen eine Rahmenhandlung in Ohr und Auge. Darin findet sich eine Mädchenband namens "Vivaldi" vor der stilisierten Karlskirche ein, um ihrem Vorbild mit Sätzen wie "Der Popstar aus Venedig, der turnt uns an" zu huldigen, findet sie seinen "Beat" doch "ultracool". Wenn Musicalcharaktere auf harte Rocker machen müssen, bleibt es meist eben bei der Attitüde, da sie von der Musik nicht unterstützt werden. Und auch bei "Vivaldi" ist hier Fremdschämen angesagt.
Ansonsten gelingt Volksopern-Hausherr Robert Meyer als Regisseur und seinem Bühnen- und Kostümbildner Christof Cremer eine grelle, schrille Inszenierung, die überdreht zwischen jüngeren ESC-Beiträgen von Ralph Siegel und einer "Hunger Games"-Stilistik changiert. Schnelle Wechsel der Bilder halten den Laden am Laufen und mit charmantem Trash schwingt man sich auf Textzitate wie die des Starkastraten Caffarelli ein: "Damen fallen zu Boden, wegen einem Schnitt durch meinen Hoden."
Dass dieser bunte Reigen aufgeht, ist neben dem Regieteam vor allem auch Drew Sarich in der Titelpartie zu verdanken, erweist sich dieser doch wieder als Top-Musicalsänger - agil in Stimme und Körper. Antagonist Morten Frank Larsen hingegen ist die Partie des Kardinal Ruffo deutlich zu tief, wohingegen Julia Koci mit sicherer Stimme als Vivaldi-Haushälterin Pauline überzeugt. Und Ensemblemitglied Rebecca Nelsen macht auch im Musicalfach eine gute Figur. Applaus und Standing Ovations gab es am Ende für alle einhellig.