Und das Gewand, das mit goldbestickter Pracht / zart und leicht die Brüste eingeschnürt, / füllt sich mit heißer Flut ...“
Ritter Tancredi steht vor dem blutenden muslimischen Krieger. Aber erst jetzt erkennt er, dass unter der Rüstung Clorinda steckt, seine sarazenische Geliebte, die er wegen des Kreuzzugs schweren Herzens verlassen musste.
Die Geschichte rührte bei der Erstaufführung im venezianischen Karneval 1624 „zu der Empfindung tiefen Mitleids und zu Tränen“. Bewegend ist auch der zweite „Kurzgenuss“, den die Oper Graz in der Saison mit der Kunstuniversität Graz bietet. In der Orangerie im Grazer Burggarten wird Claudio Monteverdis „Combattimento“ zu einem eindrucksvollen Bühnenmadrigal, auch wenn es nach der Premiere interpretatorisch noch Luft nach oben gibt.
Die Episode aus dem Epos „Das befreite Jerusalem“ von Torquato Tasso dauert nur rund 20 Minuten. Also hat Susanne Scholz das Werk ganz im Sinne Monteverdis mit zwei weiteren Madrigalen des Komponisten und Instrumentalmusik seines Zeitgenossen Salomone Rossi erweitert. Die Barockgeigerin und KUG-Professorin legt mit kleinem Consort die Basis für zwei junge Kärntner „Legionäre“ in den Titelrollen: Birgit Stöckler führt als Clorinda ihren Sopran weich und rund, Tenor Mario Lerchenberger fühlt sich als Tancredi in der Mittellage wohler, Martin Fournier aus dem Opernensemble schultert als Erzähler Testo inklusive zungenbrecherischem Parlando die Hauptlast im „Combattimento“.
Challyce Brogdon zeichnet für die kluge Regie und Choreografie im herausfordernden Langsaal verantwortlich und spiegelt mit Xianghui Zeng als Tanzpartner sehr elegant das tragische Liebespaar. Elke Steffen-Kühnl (Bühne und Kostüme) und Ralf Beyers Lichtdesign tragen wesentlich zu einem Genuss bei, der mit einer Stunde bloß zeitlich kurz ist.
Michael Tschida