Kafkaesk ist eine inflationäre Bezeichnung. Auf den Film von Wunderkind Ari Aster trifft sie auf schmerzvollste Weise zu. "Beau is Afraid" hat eine Titelfigur, die Kafkas geplagten Protagonisten um nichts nachsteht. Beau Wassermann wird von Aster in eine Serie von Albträumen geschickt, die umso erschreckender sind, je luzider sie sich präsentieren. Im ersten Drittel des dreistündigen Films stolpert die Titelfigur schon in der eigenen Wohnung von einer Katastrophe in die nächste. Draußen vor der Tür wartet reinste Anarchie. Eigentlich will Beau ja nur seine Mutter Mona besuchen. Mit dem Urschmerz der Trennung durch die Geburt beginnt der Film auch. Doch die Reise zum Ursprung seiner psychischen Probleme bringt immer neue Hindernisse für den Unglückspilz. "Joker"-Darsteller Joaquin Phoenix trägt den Leinwand-Trip. Wie Odysseus treibt sein beeindruckend bemitleidenswerter Beau auf dem Meer seiner eigenen Ängste und landet immer wieder auf verwunschenen Inseln. Eine Wandertheatertruppe zeigt ihm in einer animierten Märchensequenz seinen Lebensweg, oder wie dieser hätte sein können. Dabei beweist der Film Schmäh.

Ari Aster steckt mit seinem jüngsten Werk bis zum Hals in einer alles andere als kathartischen Freud'schen Familienanalyse. Ein wenig mehr von der Klarheit und Kürze einer Kafka-Geschichte hätte dem Film dabei nicht geschadet. Franz ist bekanntlich gern ins Kino gegangen. Ob er wohl an "Beau is Afraid" seine Freude gehabt hätte?

Bewertung: ****