Über unseren Film der Woche "DIE FRAU IM NEBEL" lesen Sie hier.

HUMAN FLOWERS OF FLESH
Bewertung: ***

Die Hamburger Regisseurin Helena Wittmann lotet mit ihrem neuen Film abermals die Grenzen und Möglichkeiten des Mediums aus, im Aufregenden wie im Anstrengenden. Gefolgt wird der mehrköpfigen, mit Ausnahme der Kapitänin rein männlich besetzten Crew einer Segeljacht, während diese von Frankreich in Richtung Algerien zusteuert. Ein lineares Narrativ ist nicht vorhanden, vielmehr verliert sich die Kamera in alltäglichen Beobachtungen und der geballten Kraft der Weltmeere. Es wird hart geackert, philosophiert oder schlicht dem Rauschen der Wellen gelauscht. Daraus ergibt sich eine soghafte Symbiose aus hypnotischen Bildkompositionen und verlockenden Klängen samt poetischer Ruhe. Ein 120-minütiges filmisches Stillleben, das mit seinen vielen Eindrücken zu staunen vermag, schließlich aber einiges an Sitzfleisch einfordert. (pog)

HOLY SPIDER
Bewertung: ****

Die neue Arbeit von Ali Abassi ("Border") könnte als direkte Antwort auf gegenwärtige Protestbewegungen im Iran verstanden werden. Dabei veranschaulicht der Thriller anhand eines realen Falls, wie tief verwurzelt Misogynie im Rechtssystem des Landes tatsächlich ist. Wie lange der Kampf um Gleichberechtigung bereits erfolglos seine Spuren zieht. Zu Beginn des neuen Millenniums sorgt eine Mordserie an Sexarbeiterinnen für Aufsehen in der Metropole Mashhad. Familienvater Saeed hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Stadt im Namen Allahs von der "Schande" der Prostitution zu befreien und wird für sein Vorhaben mancherorts zum Helden verklärt. Unterdessen kämpft eine emanzipierte Journalistin um Gerechtigkeit.

Abassi scheut sich nicht vor expliziten Gewaltdarstellungen, routinierte Genre-Auswüchse werden intelligent zum gespenstischen Porträt einer streng patriarchalen Gesellschaft verknüpft. Und als solches hallt der Film gerade angesichts derzeitiger Entwicklungen lange nach. Leider. (pog)

AUS MEINER HAUT
Bewertung: ***

Der deutsche Eröffnungsfilm des Filmfestivals Max-Ophüls-Preis "Aus meiner Haut" erzählt von der Differenz zwischen dem Innen und Außen. Filmemacher Alex Schaad nimmt in seinem Debüt das Abstreifen der körperlichen Hülle durchaus wörtlich. Denn die Menschen, die er in seiner Geschichte zu einer sommerlichen Gruppenerfahrung auf eine Insel schickt, können in einem Ritual ihre Körper tauschen, auch über die Geschlechtergrenzen hinweg. Mit magischem Realismus und einem Hauch Science-Fiction lässt er seine Figuren in die Haut der anderen schlüpfen und erzählt damit ein leider im weiteren Verlauf etwas orientierungsloses Drama über Identität und Liebe jenseits des eigenen Körpers. Mit dabei im großartigen Ensemble sind die Filmpaare Mala Emde und Jonas Dassler sowie Maryam Zaree sowie Alex’ Bruder Dimitrij Schaad. Eine großartige Idee mit mehr Potenzial, aber trotzdem nicht unspannend! (mw)

EIN MANN NAMENS OTTO
Bewertung: **

Amerikas Mr. Everyman Tom Hanks ist "Ein Mann namens Otto" in einer Neuverfilmung des skandinavischen Erfolgsromans von Fredrik Backman. Der frisch pensionierte Witwer Otto ist ein grantiger Horror-Nachbar in seiner beschaulichen Vorstadt-Wohnstraße. Seit dem Tod seiner Frau, die ihn als Mann erst zum Menschen machte, will er seinem Leben ein Ende setzen – bis ihn die chaotischen, neuen Latino-Nachbarn Marisol und Tommy dabei stören und sein großes Herz wieder freilegen.

"Ein Mann namens Otto" macht recht schnell recht deutlich, wohin die Reise des Obergrantlers geht. Doch bei dem mit viel Spaß spielenden Parade-Amerikaner Tom Hanks weiß man sofort, dass er eigentlich keinen schlechten Menschen darstellen kann. Der schwarze Humor der Vorlage ist eher hellgrau, die politische Allegorie auf das neue Amerika simpel, doch das Ensemble rund um Hanks spielt durchwegs großartig. "Ein Mann namens Otto" ist angenehm-amüsant, mehr aber nicht. (mw)

PLANE
Bewertung: ***

Gerard Butler kommt nicht zur Ruhe. Eine Katastrophe jagt die nächste. Diesmal am Programm: Als Pilot Brodie Torrance muss er seine Maschine im Sturm auf einer philippinischen Insel notlanden, nachdem an Bord die Elektronik ausgefallen ist. Doch was zunächst noch eine wundersame Fügung ist, wird bald zum Albtraum. Die Insel ist unter der Gewalt von Separatisten. Und die haben sich auf Geiselnahmen spezialisiert. Nachdem alle außer Brodie und Häftling Louis Gaspare (Mike Colter) verschleppt werden, muss das ungleiche Paar seine eigene Rettungsaktion starten. Denn bis Hilfe kommt, ist es vielleicht schon zu spät. Das alles klingt wie ein wilder Ritt durch die Genres, präsentiert sich aber als fade Partie. Hatte Butler mit seiner "Olympus"-Reihe noch für Unterhaltung gesorgt, geht seinen Filmen in den letzten Jahren die Puste aus. "Plane" ist ein Film, in den vielleicht mal zufällig reinzappt und hängen bleibt. Aber er ist kein Kandidat für ein spektakuläres Kinoabenteuer. (sg)