Paul ist ein schüchterner elfjähriger Bub. Gleich an seinem ersten Schultag bekommt er Probleme, weil er eine Karikatur seines strengen Lehrers zeichnet. Aber er schließt Freundschaft mit Johnny, einem afroamerikanischen Buben, der sitzen geblieben ist. Als Paul nach einem Schulausflug zum Guggenheim Museum wieder vom Lehrer geplagt wird, zeigt sich Johnny solidarisch. Doch als sie beiden einen Joint rauchen, wird Paul in eine noble Privatschule gesteckt. Dort darf er einer Rede von einem gewissen Fred Trump und seiner Tochter Maryanne (Jessica Chastain in einer Minirolle) an die zukünftige Elite zuhören.
An diesem Hintergrund wird schon deutlich, dass Regisseur James Gray hier keine frei erfundene Geschichte erzählt. Wir befinden uns im Jahr 1980 in Queens, New York. Ronald Reagan nimmt gerade Anlauf für die Präsidentschaftswahl und warnt vor Armageddon. „Armageddon Time“ (auf Deutsch „Zeiten des Umbruchs“) ist ein autobiografischer Coming-of-Age-Film über die Kindheit des 1969 geborenen Gray.
Das erklärt den liebevollen Ton und die kritische Haltung zum eigenen Herkunftsmilieu. Dabei dreht sich Pauls Konflikt vor allem um die ungleiche Freundschaft mit dem unterprivilegierten Johnny. Paul erkennt zum ersten Mal seinen Startvorteil im Leben und überlegt, was er damit tun soll.

Den größten Einfluss auf den rebellischen Paul hat sein Großvater Aaron, der ihm am Bett erzählt, wie Pauls Uroma einst als Jüdin aus der Ukraine geflohen ist und er wegen seines Namens Rabinowitz diskriminiert wurde. Er versucht Paul eine Haltung beizubringen und Unrecht nicht hinzunehmen: „You will be a mensch“.
Der mittlerweile 84-jährige Anthony Hopkins liefert als kauziger Großvater die emotionalen Höhepunkte. Anne Hathaway brilliert in der Rolle von Pauls Mutter, die mit ihrem Hausfrauen-Dasein hadert. Ihr Ehemann (Jeremy Strong) ist „nur“ einfacher Handwerker und kämpft mit seiner Rolle als strenges Familienoberhaupt.
Dieses Ensemble macht „Zeiten des Umbruchs“ zu einem einfühlsamen, wenn auch etwas didaktischen Familiendrama. Der historische Hintergrund wirkt stimmig, und die Bilder von Star-Kameramann Darius Khondji bringen das nötige Pastiche ins Spiel.

Der Schuldkonflikt aus der subjektiv-kindlichen Perspektive des weißen Buben ist leider zu überdeutlich erzählt. Dennoch ist „Armageddon Time“ ein angenehm-ehrlicher Erinnerungsfilm, der eine eindeutige Haltung im Klassenkampf beweist.

Bewertung: ***