Der Stuntman hat wieder im Regiesessel Platz genommen. Mit der Action-Komödie "Bullet Train" hat sich der 46-jährige Filmemacher David Leitch ein Projekt gesucht, dass seinen früheren Erfahrungen mit handfesten Auseinandersetzungen zugutekommt. Diesmal mit Brad Pitt in der Hauptrolle, für den Leitch einst mehrmals als Stunt-Double in die Bresche sprang. Ein gut gelaunter Pitt spielt einen Auftragskiller mit dem Codenamen Ladybug. Den glückbringenden Marienkäfer-Namen hat ihm seine Betreuerin Maria Beetle (am Telefon: Sandra Bullock) gegeben. Ladybug selbst glaubt dagegen, immer nur Pech zu haben und denkt immer wieder laut über sein Karma nach. Seine Figur und die Gespräche, die er mit Maria führt, sind das beste Comedy-Element dieses überaus wortreichen Actionfilms. Nach einem längeren Urlaub und einer Therapie soll er mit einem simplen Auftrag wieder ins Geschäft einsteigen und für einen erkrankten Kollegen einspringen.
Konfrontativ
Sein Auftrag: an Bord des Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszuges von Tokio nach Kyoto einen Koffer an sich nehmen und wieder aussteigen. Doch das einfache Unterfangen erweist sich schon bald als recht knifflig. Denn außer Ladybug sind noch eine Reihe weiterer Profikiller mit eigener Agenda an Bord. Zudem hat Ladybugs Therapeut ihm zu weniger Konfrontationen und mehr Zen-Ruhe geraten – naturgemäß schwierig an Bord eines 320 km/h schnellen Zuges voller Gegner!
So hanebüchen und konstruiert die Prämisse dieses Kammerspiel-Actioners daherkommt, so wenig scheren sich Leitch und sein Drehbuchautor Zak Olkewicz um Realismus. Die Geschichte basiert auf einem japanischen Roman von Kôtarô Isaka. Trotz einiger Diskussionen um die Besetzung der (großteils männlichen) Figuren mit weißen westlichen Stars, schafft es "Bullet Train", das japanische Setting und die Nebengeschichten der japanischen Figuren aufleben zu lassen. Am Ende erweist sich das Drehbuch als raffiniert-verschachtelter als gedacht, mit Anleihen an "Pulp Fiction" und "Kill Bill".
Im Zentrum steht die Dynamik der Gefechte, die mit Fäusten und auch vielen Worten ausgetragen werden. Ganz anders als in den von Leitch produzierten genrebildenden, wortkargen "John Wick"-Filmen hat Brad Pitt in dieser Komödie nicht nur körperlich einiges zu tun. Die Dichte an neuen Ideen und Schmähs ist hoch, auch wenn dabei nicht alles funktioniert. Wirklich stören können überstrapazierte Running-Gags und übertriebene Slapstick-Einlagen den leichtfüßig-schnellen Ton aber nicht. Eine unterhaltsam-kurzweilige Zugfahrt.
Marian Wilhelm