Am Grund des Attersees fühlt er sich wohl. Oder in der Regentonne des kleinen Häuschens in der Provinz. Als der Geliebte seiner Mutter stirbt und die familiäre Geldquelle versiegt, wird Franz Huchel, genannt Burschi, nach Wien geschickt. In die Fremde. Er soll beim Wiener Trafikanten Otto Trsnjek in die Lehre gehen. Mitten in der persönlichen Wende, erste Liebe, erster Hormonrausch, braut sich an den Rändern etwas zusammen – ein politischer Umbruch. Die Bedrohung durch den Nationalsozialismus, der irgendwann die Atmosphäre kippen lässt und den Alltag mit Gewalt flutet.

Diesen Franz, der vom naiven Jüngling zum widerspenstigen jungen Mann wird, verkörpert der Wiener Simon Morzé. Er ist erst 22 Jahre jung, doch seine Filmografie ist beeindruckend. Mit zehn Jahren stand der Sohn der Burgtheater-Mimin Petra Morzé und des Schauspielers Stefan Matousch erstmals vor der Kamera. In Nikolaus Leytners TV-Drama „Die Entscheidung“ spielt er ein krebskrankes Kind. Seit 2009 wirkt er in der ORF-Serie „Schnell ermittelt“ mit. In Stephan Richters vielfach prämiertem Drama „Einer von uns“ prägte sich sein Spiel als aus dem Häfn Entlassener beim Kinopublikum ein. 2018 räumte er mit dem Ensemble für Katharina Mücksteins „L’Animale“ den Diagonale-Schauspielpreis ab.

Nun, zwölf Jahre später, hat ihn Leytner wieder verpflichtet: als Hauptrolle in der Verfilmung von Robert Seethalers Roman „Der Trafikant“. Morzé ist dabei an der Seite von Schauspielern wie Bruno Ganz als Sigmund Freud und Johannes Krisch als humpelndem Trafikanten mit Haltung zu sehen. „Die Nervosität war schnell weg. Die Kollegen waren sehr unterstützend am Set“, sagt der Schauspieler.
Morzé trägt im Drama Cordhosen, Käppi und Walkjanker. Er schwärmt von der Ausstattung und den Kostümen. „Die ganze Trafik mit den vielen Details – jede Schublade war eine Fundgrube. Das war sehr spannend. Auch die Zeitungen von damals anzuschauen. Ich war jedes Mal baff, wenn ich ein neues Set gesehen habe“, erzählt er. Die Tauchszenen waren weniger kuschelig. „Die waren arschkalt. Es war Ende Oktober, Anfang November in den Donauauen. In den Pausen hat mich ein Taucher immer mit warmem Wasser abgespritzt.“

Was ihn an der Schauspielerei reizt? „Dass ich nach jedem Projekt in diesen kurzen Zeiträumen unglaublich viele Erfahrungen gesammelt habe. Das ist jedes Mal unterschiedlich.“

Am Theater Bronski & Grünberg trat er heuer erstmals als Schauspieler in Kleists „Familie Schroffenstein“ auf. Sozialisiert mit dem Theater wurde Simon Morzé als Kind. „Wir sind sehr oft im Theater gewesen, das war faszinierend, aber auch verwirrend. Stücke von Shakespeare oder Kleist versteht man mit acht, neun Jahren nicht so.“ Woran er gern zurückdenkt? „An die Kantine danach. An alle Kollegen und wie lustig das war.“ Und daran, „wie meine Mutter durchs Wohnzimmer marschiert ist und ihren Text vorgesprochen hat.“

Simon Morzé, geboren 1996 in Wien, als Sohn der Schauspielerin Petra Morzé und des Schauspielers Stefan Matousch. Film & TV: „Die Entscheidung“ (2006), „Einer von uns“ (2015), „L’Animale“ (2018), seit 2009 in der TV-Serie „Schnell ermittelt“, „Der Trafikant“ (2018).
Simon Morzé, geboren 1996 in Wien, als Sohn der Schauspielerin Petra Morzé und des Schauspielers Stefan Matousch. Film & TV: „Die Entscheidung“ (2006), „Einer von uns“ (2015), „L’Animale“ (2018), seit 2009 in der TV-Serie „Schnell ermittelt“, „Der Trafikant“ (2018). © Ela Angerer (HF)