Für viele hatten seine Worte beschwörenden Charakter: „Mut, Zuversicht und Humor“, so kündigte es Direktor Dieter Kosslick zu Festivalbeginn an, sollten diese Berlinale prägen. Tatsächlich hat das Filmfestival, das mit der Preisverleihung heute Abend seinem Höhepunkt entgegenstrebt, diese Forderung mehr als passabel erfüllt.
Ohne vordergründigen Eskapismus erzählten etliche der 18 Filme im Wettbewerb vom Umgang mit dem Kippen ökonomischer, kultureller, sozialer Systeme. Mit humoristisch abgefedertem Pessimismus beteiligte sich daran auch Josef Hader mit seinem Regieerstling „Wilde Maus“, in dem er selbst einen geschaßten Musikkritiker verkörpert, der sich in ein komisch eskalierendes Rachedrama verstrickt.
Ob es dafür nun einen Preis gibt oder nicht, für Hader hat sich die Reise nach Berlin auf jeden Fall gelohnt. Es gab Begeisterung von allen Seiten, und selbst eine Ikone wie Hanna Schygulla zeigte sich enthusiastisch. „Ein Meisterwerk“, meinte sie, „ich habe noch nie einen so ernsten Film erlebt, bei dem man so herzhaft lachen kann.“ Und außerdem: Jury-Präsident Paul Verhoeven hatte schon im Vorfeld erklärt, ihm sei es egal, ob ein Film eine Botschaft verkünden wolle oder nicht: Ihm gehe es nur um den besten Film.
Traditionell bevorzugt die Berlinale-Jury allerdings ernste, sozialkritische Filmerzählungen. Sollte es diesmal anders sein, hat Hader in Sally Potters hinreißend böser Gesellschaftskomödie „The Party“ starke Konkurrenz. Als Favoriten gelten unter anderem Aki Kaurismäkis Flüchtlingsgeschichte „Die andere Seite der Hoffnung“ und das Transgenderdrama „A Fantastic Woman/Una mujer fantastica“ des Chilenen Sebastián Lelio. Gute Außenseiterchancen auf einen Goldbären haben wohl die ungarische Schlachthofromanze „On Body And Soul“ von Ildikó Enyedi oder die Doku „Beuys“ des Deutschen Andres Veiel – eine Hommage, die über die üblichen Biopics hinausgeht. Kaum Chancen werden den weiteren deutschen Wettbewerbsbeiträgen eingeräumt: Weder begeisterte Altmeister Volker Schlöndorffs „Rückkehr nach Montauk“ noch Thomas Arslans Roadmovie „Helle Nächte“ mit dem Wiener Georg Friedrich.
Wer Chancen auf den Darstellerpreis hat
Viel Lob gab es dafür für Karl Markovics, der im Psychothriller „Zwischen den Jahren“ als Witwer auf Rachetrip zu sehen war. Lars Hennings Film lief aber nicht im Bewerb, sondern in der Reihe „Perspektive Deutsches Kino“. Einen Schauspielerpreis für Österreich müsste also schon Josef Hader holen. Viele tippen aber auf Chen Chang, der im taiwanesisch-japanischen Streifen „Mr. Long“ einen Profikiller verkörpert. Und der Silberne Bär für die beste Schauspielerin wird der Transgender-Schauspielerin Daniela Vega aus „A Fantastic Woman“ kaum zu nehmen sein.