Susan gehört zur Spezies der „Nocturnal Animals“. Als nachtaktives Wesen verbringt die erfolgreiche Galeristin ihre Abende im Kreis der örtlichen High Society. Doch jede Vernissage endet einmal. Und dann? Gelangweilt vomLeben und deprimiert von einer Affäre ihres Ehemanns greift Susan zu einem Manuskript – und taucht dabei in Edwards verstörende Rape-and-Revenge- Fiktion ein.
Der Romanentwurf ihres Ex- Manns handelt von einem Familienvater, der auf einer Fahrt in die Ferien mit seiner Frau (Isla Fisher) und Tochter (Ellie Bamber) auf einem abgelegenen texanischen Highway von einem sadistischen Psychopathen (Aaron Taylor-Johnson) und seiner Gang tyrannisiert wird. Als die Situation eskaliert, muss Tony machtlos zusehen, wie seine Familie verschleppt wird.
Sieben Jahre nach seinem umjubelten Regiedebüt „A Single Man“ inszeniert Modeschöpfer und Filmemacher Tom Ford erneut ein bewegendes Drama, das menschliche Tiefen und Abgründe beleuchtet. Dabei beweist der Regieautodidakt, der auch das Drehbuch nach Austin Wrights Romanvorlage „Tony and Susan“ verfasst hat, den richtigen Riecher für starke Geschichten. Mit Jake Gyllenhaal („Nightcrawler“), in einer Doppelrolle als Susans geschiedener Ehemann und Protagonist von Edwards Roman, ist Ford ein Besetzungscoup gelungen, der sich wie der Cast von Amy Adams bezahlt macht.
Die Hollywood- Beauty verkörpert überzeugend eine abgestumpfte Kunsthändlerin, auf die Edwards düstereNovelle eine seltsame Faszination ausübt. Angezogen und angeekelt von der Brutalität des Romanplots, beginnt sie, die Künstlichkeit ihrer Wohlstandsblase zu befragen. Ein komplexes Film-im-Film- Konzept, das trotz eindringlicher Momente mitunter kleine Schwächen hat.
Jürgen Belko