Die Herausforderung ist groß: "Rogue One" soll als erstes "Star Wars"-Spin-off eine in sich geschlossene Handlung bieten, neue Figuren in das weitverzweigte Sci-Fi-Universum einführen und den Tugenden der Originaltrilogie gerecht werden. Regisseur Gareth Edwards und seinem Team ist das großteils auch geglückt, erzählen sie doch von der dunklen Seite der Rebellion. Ab Donnerstag im Kino.
Spätestens seit der Wiederbelebung der von George Lucas erdachten Saga im Vorjahr weiß man: Die Schlacht zwischen Gut und Böse, zwischen heller und dunkler Seite der Macht ist noch lange nicht auserzählt. Während Kreativkopf J.J. Abrams mit Episode VII ("Das Erwachen der Macht") der zentralen Geschichte um die Familie Skywalker weiter nachging, hat das vor dem ursprünglichen Auftaktfilm (Episode IV "Eine neue Hoffnung" von 1977) angesiedelte neue Werk eine andere Aufgabe: Mehr Licht in scheinbare Nebenschauplätze bringen und dabei relativ unabhängig vom Rest agieren.
Charme der ursprünglichen Trilogie
Eines kann man aber vorweg verraten: Diese "Star Wars Story", wie das Abenteuer untertitelt ist, versucht keinesfalls, sich von den bisherigen Filmen zu emanzipieren. Stattdessen rücken nicht nur alte Bekannte in den Fokus der Aufmerksamkeit, sondern wird auch der Charme der ursprünglichen Trilogie teils recht gut getroffen.
Die Rebellion versucht, im Kampf gegen das Imperium immer wieder voranzukommen, hat aber auch Uneinigkeit in den eigenen Reihen zu bewältigen. Es sind keineswegs nur vereinte Kräfte, die am Werk sind, sondern durchaus desillusionierte Soldaten und Entscheidungsträger, denen die Last auf ihren Schultern anzusehen ist.
Zu allem Überfluss verfügt das Imperium offenbar über eine neue Waffe: den Todesstern. Was für die Rebellen zunächst noch ein vom Hörensagen bekanntes Schreckgespenst ist, bestimmt gewissermaßen das Schicksal von Jyn Erso (Felicity Jones). Als kleines Mädchen muss sie miterleben, wie ihr Vater Galen Erso (Mads Mikkelsen), ein abtrünniger Imperiumswissenschafter und zentral für den Bau des monströsen Ungetüms, entführt und ihre Mutter getötet wird. Sie selbst kann fliehen und wird von Saw Gerrera (Forest Whitaker) aufgezogen - ein Extremist in den Reihen der Rebellen, der sich immer weiter von seinen Verbündeten zu entfernen scheint.
Bekannte Zutaten
Edwards ("Godzilla") greift damit auf bekannte Zutaten zurück: Zum wiederholten Mal ist es eine Familiengeschichte, die die Geschicke der Galaxie wesentlich beeinflusst. Denn Jyn wird nach Jahren des Umherdriftens von der Rebellion aufgelesen, um einen Kontakt zu ihrem Vater herzustellen - und damit möglicherweise den Bau des Todessterns zu verhindern. Als Chef der imperialen Waffenentwicklung hat Direktor Orson Krennic (großartig diabolisch: Ben Mendelssohn) natürlich etwas dagegen. Und somit entspinnt sich ein Wettlauf quer durch die Galaxis, der auch die Schaulust der Zuschauer dank neuer Planeten sowie unzähliger, liebevoll gezeichneter Figuren befriedigen dürfte.
Was dabei schnell klar wird: In "Rogue One" sind die Guten keineswegs ohne Fehl und Tadel, sondern durchaus bereit, zum Erreichen ihrer Ziele bis zum Äußersten zu gehen. Hier liegt auch die Stärke des Buchs von Chris Weitz und Tony Gilroy, das die Handlung mit gehörigem Tempo vorantreibt und reichlich Gelegenheit für dreckige Kämpfe sowie actionreiche Sequenzen bietet. Da mag man kaum glauben, dass die Rebellion auf Hoffnung gebaut ist, wie Nachrichtenoffizier Cassian Andor (Diego Luna) zwischendurch anmerkt. Und der Moment, mit dem Oberbösewicht Darth Vader eingeführt wird, dürfte etlichen Fans die Freudentränen in die Augen treiben.
Vorauseilende Lorbeeren
Edwards legt nicht nur hier ein Gespür für Spannung und Atmosphäre an den Tag, das die vorauseilenden Lorbeeren sowie den Vergleich mit der Originaltrilogie rechtfertigt. Durchaus behutsam führt er die verschiedenen, höchst unterschiedlich veranlagten Charaktere durch die turbulente Hetzjagd, an deren Ende die Baupläne des Todessterns warten. Also genau jene Daten, die in Episode IV einem gewissen Luke Skywalker zur Zerstörung dieser galaktischen Bedrohung verhelfen. Man fürchtet es schon: Dafür werden etliche Rebellen ihr Leben lassen müssen...
Aber fehlt da nicht noch etwas? Klar, auch ein zynischer Droide ist bei "Rogue One" mit von der Partie (er hört auf den Namen K-2SO); die legendären Worte "Möge die Macht mit euch sein" fallen ebenfalls; und das röchelnde Atmen von Vader in einem dunklen Gang, an dessen Ende verängstigte Rebellenkräfte hocken, kann sowieso nichts schlagen. Edwards und Co haben beinahe alles richtig gemacht: "Rogue One" ist eine gelungene "Star Wars Story", die besonders optisch an die frühen Glanzzeiten anschließt. Da lässt sich auch über einige inhaltliche Fragezeichen hinwegsehen. Aber schließlich geht es hier einfach um eine Ergänzung zur bestehenden Saga - nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Christoph Griessner/APA