Das Licht fällt immer wieder aus, die Geräusche von draußen dringen nur gedämpft herein, der Geruch nach Thunfisch aus der Dose weht durch den Raum: In einer engen Kellerwohnung lässt Slawomir Mrožek in dem Stück "Emigranten" seine zwei Protagonisten aufeinander treffen. Da ist der scheinbar einfältige, heimwehkranke Arbeiter, dessen Hände von der jahrelangen Schinderei an den Maschinen zittern und dessen Ohren pfeifen. Und ihm vis-à-vis der analytisch denkende Intellektuelle, ein Schriftsteller mit Schreibblockade.
Im Verlauf des rund eineinhalbstündigen Theaterabends in den Klagenfurter Kammerlichtspielen hält einer dem anderen den Spiegel vor. Wie das Regisseurin Alenka Hain mit Michael Kristof-Kranzelbinder (Arbeiter) und Mirko Roggenbock (Intellektueller) in Szene setzt, ist anrührend und mit viel Gefühl für den tragisch-komischen Subtext dieser pointenreichen Redeschlacht zwischen zwei Menschen, die Welten getrennt voneinander auf engstem Raum miteinander auskommen müssen.
Ein Bett aus Holzpaletten zusammengebaut, Tisch, Stühle, ein weiteres Bett und ein Kühlschrank bilden das Mobiliar, kalt beleuchtet von einer nackten Glühbirne. Im Streitgespräch zwischen den beiden Emigranten kommen am Silvesterabend nach und nach die Lebenslügen dieser Antihelden ans Licht: die Tagträume und Flunkereien des Arbeiters (großartig: Michael Kristof-Kranzelbinder) und die Überheblichkeit und der Selbstbetrug des Intellektuellen (differenziert von schroff bis empathisch: Mirko Roggenbock), der sich ohne Wert für die Welt fühlt. Schließlich gipfelt das absurd-komische Streitgespräch im Zerreißen der Geldscheine, die der Arbeiter unter seinem Bett gehortet hat und auch der verhinderte Schriftsteller zerfetzt desillusioniert seine Tagebuchaufzeichnungen. Was bleibt ist Erschöpfung und so etwas wie Mitgefühl füreinander.
Der polnische Erzähler und Dramatiker Slawomir Mrožek war selbst Emigrant, als die "Emigranten" 1974 in Paris uraufgeführt wurden. Flüchtlingsbewegung, Asylanten-Dramen und der Krieg in Europa machen das Stück unheimlich zeitgenössisch. Die zweisprachige Produktion (deutsch mit slowenischen Übertiteln) der Theater "Kukukk" und "Rampa" hilft mit, den Humor nicht zu verlieren und "über das Denken nachzudenken". Sehenswert!
Karin Waldner-Petutschnig