Fast ist Land in Sicht. Fast konnte sich Magdalena retten, den Untergang in der dörflichen Enge abwenden. Doch der "Prinz", der sie hätte herausholen können, kommt zu spät: Als Herr Schneider (großartig: Andreas Patton) im Dorf ankommt, um Magdalena zu suchen, trifft er auf seltsame Gestalten. Am Vorabend des großen Faschingsumzuges – wie treffend, die Uraufführung von Tara Meisters "fast Land" am Freitag vor dem Faschingssamstag in Villach anzusetzen – wird der biedere Geschäftsmann von drei gespensterähnlichen Wesen verwirrt. Ist Magdalena tot?

Wie die Erinnyen schaffen Birgit Fuchs, Heidrun Ferianz und Judith von der Werff eine Atmosphäre aus Zorn, Resignation und Unversöhnlichkeit. "Schöne Marianne, ich liebe dich so sehr. Schöne Marianne, ich geb' dich nie wieder her." Ganz in Weiß gekleidet als Braut, als Rockerin und androgyn im Marlene-Dietrich-Style machen die drei, die auch singen und tanzen, bald klar, worum es geht: um die strukturelle Gewalt gegenüber Frauen, um die Macho-Männerwelt, stimmig verkörpert von Michael Kuglitsch als Wirt und Metzger.

"Die Männerwelt – immer der gleiche Kreislauf, Bier – Urin – Bier ...", meint die Autorin Tara Meister, Trägerin des nbv-Dramatikerinnen-Preises, einmal zum Gaudium des Premierenpublikums, dem das Lachen aber auch sehr oft im Halse stecken bleibt. So beklemmend ist das von Katharina Schmölzer bildreich und spannend in Szene gesetzte Drama, so stark und literarisch anspruchsvoll ist der Text der Autorin, der man ihr Handwerk als Poetry-Slammerin anhören kann.

Das Publikum findet sich bei dem rund 80-minütigen Stück in einer Atmosphäre zwischen Twin Peaks und alpenländischen Volksstücken, auch Märchen- und Bibelmotive lassen sich erkennen. "Das Dorf verlassen kann man nur einmal im Jahr. Zum Karneval. Da dürfen sich alle für einen Tag aussuchen, wer sie sind, sein, wer sie hätten werden wollen, diesen Ort hinter sich lassen.

Fazit: Ein wichtiges Thema in einem sehenswerten Stück mit tollen Schauspielern, das beeindruckend inszeniert ist. "Ach, diese Luft. Landluft. Wo atmet man freier als am Land?"