Sali und Christopher kennen sich seit ihrer Schulzeit. Doch wie es im Leben oft der Fall ist, verlieren sie sich nach ihrem Abschluss aus den Augen und gehen eigene Wege. Harald Schwinger erzählt in seinem Roman "Lautloser Morgen" die Geschichte der beiden ungleichen Freunde.
Zum einen ist da eben Christopher. Mit erst zwei Jahren ist sein älterer Bruder gestorben, und so glaubt er, dass er nur deshalb auf der Welt ist, weil seine Eltern nach diesem schweren Verlust noch ein Kind haben wollten. So sagt er etwa: "Ich finde es ungerecht, dass ich meine Eltern nicht kennenlernen durfte. Ich meine, so wie sie zuvor waren, auf diesen Fotos. Vor dem Tod von C1." (Anmerkung: Christopher Eins, sein toter Bruder). Die Abnabelung schafft der junge Mann erst, als er von zu Hause auszieht und als Assistent bei einer Tierärztin zu arbeiten beginnt.
Und dann gibt es Sali. Sie hat Karriere als Musikerin gemacht, doch mittlerweile ist es für sie nicht mehr einfach, dem Druck standzuhalten. Zudem passiert in ihrem Leben ein einschneidendes Erlebnis, als Jan, ihr Freund und ebenfalls Musiker, aus Verzweiflung und Überforderung Suizid begeht. Und das bringt Sali dazu, ihrem alten Schulfreund Christopher einen Besuch abzustatten.
Zwei Menschen, die sich voneinander entfernt haben, aber doch wieder zueinanderfinden und sich beistehen. Daraus entwickelt sich eine kompromisslose Freundschaft. Es ist eine tiefgründige Geschichte, eine aufregende Reise, die Schwinger gekonnt unaufgeregt beschreibt. "Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen Büchern für Erwachsene oder Jugendliche. Die Sprache soll präzise und die Handlung spannend sein", sagt der 58-Jährige selbst. Der Jugendroman wurde mit dem Jugendbuchpreis 2022 des Landes Kärnten ausgezeichnet. Das Thema aber ist eines, in dem sich unabhängig vom Alter jeder Leser wiederfinden kann.
Buchtipp: Harald Schwinger. "Lautloser Morgen". Drava, 190 Seiten, 18,90 Euro.
Daniela Winkler