Vor Gericht soll die Frage geklärt werden, ob Königstorfers Vorgängerin Silvia Stantejsky der Untreue und der Bilanzfälschung schuldig ist. Es ist das letzte noch offene Gerichtsverfahren. Wer ist nun Schuld am Finanzdesaster, das die Burg an den Rand des Abgrundes führte? "Vom Rechnungshof bis zur Staatsanwaltschaft haben sich viele eingehend mit der Schuldfrage beschäftigt", sagt Königstorfer im Interview mit der APA. Das Burgtheater habe sich mit dem Ringen um Schadenersatzzahlungen und der Erneuerung von Prozessen und Strukturen befasst. 950.000 Euro hätten bisher verschiedene Versicherungen an Schadenersatz geleistet, ein weiteres diesbezügliches Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Heute gebe es am Burgtheater keinerlei Bar-Auszahlungen mehr, dafür ein gewährleistetes Vier-Augen-Prinzip in allen Bereichen. "Das alles hat breite Unterstützung aller Abteilungen erfahren."
In dem Film "Die Burg", in dem Hans Andreas Guttner einen Blick hinter die Kulissen des Hauses wirft (Kinostart: 15. Februar), sieht man Königstorfer bei einer Besprechung in größter Ruhe darum ersuchen, doch noch einmal zu prüfen, ob es bei einer geplanten Produktion tatsächlich notwendig sein werde, die vorderste Sitzreihe zu sperren. "Theater ist immer so etwas wie die höchste Schule des sozialen Miteinanders", sagt Königstorfer. "Ich habe daher stets vermieden, etwa um 10.000 Euro mit dem Argument 'Das können wir uns nicht leisten!' einen Streit eskalieren zu lassen. Angesichts von rund 48 Mio. Euro Subvention wäre das wohl auch wenig glaubwürdig. Stattdessen haben wir Woche für Woche im Team nach Wegen gesucht, die genehmigten Budgets dort einzusetzen, wo es künstlerisch nötig erschien - und andererseits dort zu sparen, wo es technisch und künstlerisch günstigere Alternativen gab."
Auf Königstorfer, der aus privaten Gründen nach Linz zurückkehrt, folgt sein bisheriger Stellvertreter Robert Beutler und begleitet einen spannenden Direktionswechsel. "Alles, was wir an Abläufen in den vergangenen fünf Jahren neu eingeführt haben, hat er mitentwickelt. Ich freue mich sehr für ihn. Die letzte Saison von Karin Bergmann ist auf gutem Wege, ihre erfolgreichste zu werden. Und in der ersten Saison von Martin Kusej wird einiges dabei sein, das in der Theaterszene für Aufsehen sorgen wird." Und wann wird die Burg wieder frisches Geld brauchen? "Bis Sommer 2021 werden nach jetzigen Planungen die in den letzten beiden Jahren neu aufgebauten Rücklagen aufgebraucht sein", sagt Königstorfer.
In Linz, wo Königstorfer bereits 2000 bis 2013 die kaufmännischen Geschicke von Landestheater und Bruckner Orchester lenkte, scheinen finanzielle Planungsschritte jedenfalls viel dringender zu sein. Nach den allgemeinen Subventionskürzungen des Landes, die auch die Kultur betroffen haben, und nach der Kündigung der "Theater- und Orchesterübereinkunft" zwischen Land und Stadt durch Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) schienen im Herbst bis zu zehn Millionen Euro Zuschuss an das Landestheater und das Bruckner Orchester infrage gestellt zu sein. Nach der Zusage des Landes, die entfallene städtische Subvention auszugleichen, klafft nun noch ein Finanzierungsloch von zwei Millionen Euro. "Das bedarf einiger Anstrengung", so Königstorfer. Dafür gibt es in Oberösterreich etwas, das sich Bundesinstitutionen bisher vergeblich wünschen: eine automatische Valorisierung der Subventionen. "Ich halte es langfristig für elementar und in Wahrheit viel wichtiger, diese Valorisierungsklausel in Oberösterreich zu haben", meint Königstorfer.
Die im Dezember beschlossene Auflösung des Theater- und Orchester-Vertrages hat aber noch andere Auswirkungen: So müssen sich Königstorfer und Chefdirigent Markus Poschner als erstes um die Zukunft der Sinfoniekonzerte des Bruckner Orchesters ab Jänner 2020 kümmern. Die Stadt Linz strebt dabei ein Neuaufsetzen des seitens der Stadt aufgekündigten Regelwerks für die Konzerte des vom Land finanzierten Bruckner Orchesters im städtischen Brucknerhaus an.
Die wechselseitigen Finanzierungsvereinbarungen seien "ein Thema auf politischer Ebene", sagt Königstorfer. Er verweist aber darauf, dass die Kulturregion Oberösterreich über Jahrzehnte - von der Ars Electronica über die Kulturhauptstadt Linz09 bis zum Musiktheater-Neubau - von einer Zusammenarbeit aller Kräfte von Stadt und Land profitiert habe. "Ich würde mir wünschen, dass nach dem Gewitter der vergangenen zwei, drei Monate das Miteinander bald wieder im Vordergrund steht."
Der in der vergangenen Saison am Linzer Landestheater feststellbare leichte Besucherrückgang auf 328.100 Besucher macht Königstorfer kein Kopfzerbrechen. "Es gibt im ganzen deutschen Sprachraum nur sechs Häuser, in denen ein einziger Intendant auf mehr Besucher blicken kann", ortet er "extrem hohes Niveau" der Besucherzahlen von Intendant Hermann Schneider in Linz. Man liege noch immer um rund 40.000 Besucher über jenen Prognosen, die man seinerzeit der Planung des 2013 eröffneten neuen Musiktheaters zugrunde gelegt hatte.
Eines steht für Königstorfer allerdings außer Frage: Neben Anstrengungen zur Verringerung der Ausgaben müsse man sich zu allererst mit der Frage beschäftigen, "wo und wie man künftig noch mehr Gelder einspielen kann". Eine intensivere Bespielung der ersten Saisonwochen ist dabei ebenso ein Thema wie Sponsoring, Vermietungen, Verkauf von Service-Leistungen oder auch die Verwertung von Produktionen etwa im Musical-Bereich, in dem das Landestheater Linz auch international aufgezeigt hat. In der Doppelrolle als regionaler Kulturversorger mit überregionaler Strahlkraft liege die Herausforderung der Zukunft. Man müsse künftig "weiter über den Tellerrand schauen, uns weiter international vernetzen", sagt Königstorfer, "und dabei wollen wir das kulturbegeisterte Publikum in Oberösterreich weiterhin mitreißen".