"Die Bühne ist ein ausgezeichneter Ort, sich den Menschen und ihren Biografien zu nähern", betonten Augustin Jagg und Hubert Dragaschnig bei der Programmpräsentation ihres Theaters. Daraus entstehe Mitgefühl, Respekt, Empathie und Verständnis. Um "Errungenschaften unserer Zivilisation und Demokratie", die nicht selbstverständlich seien, müsse man "jeden Tag kämpfen", wies Dragaschnig auf die Notwendigkeit von Theatermachern hin, Stellung und Position zu beziehen. "In Zeiten, wenn Populisten versuchen mit oberflächlichen Phrasen die Gesellschaft zu spalten und immer mehr Teile der Gesellschaft sich dieser Haltung anschließen, sind wir drauf und dran wieder in eine selbst verschuldete Unmündigkeit zu geraten", brachte er seine Meinung zum Ausdruck. Das Theater verstehe er als "eine Bastion der Mündigkeit". FPÖ-Mitglieder lade man deshalb ein, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen und sie für "ein solidarisches Verhalten" zu gewinnen.
Eine weitere eigenwillige Aktion setzt das Theater Kosmos gegen die "zunehmende Ökonomisierung aller Facetten unseres Lebens". Öffentliche Bereiche wie Bildung, Soziales, Kunst und Kultur würden zunehmend "profaner Rentabilität" unterstellt und damit Gesellschaft und Zusammenleben auf reine Messbarkeit reduziert, kritisierten die beiden Theaterleiter. Um darüber eine Diskussion in Gang zu bringen, wird je eine Aufführung der vier Produktionen nicht nur für alle Besucher gratis sein, jeder Besucher erhält beim Verlassen des Theaters auch noch zehn Euro.
Passend zu den beiden Aktionen geht auch der Spielplan des Theaters Kosmos der Frage "Wie gefällt Euch unsere Zeit?" nach, einem Zitat aus Ödon von Horvaths 1930 geschriebenen Buch "Ein Kind unserer Zeit", in dem Horvath gegen die aufkommenden Nationalismen seiner Zeit Position bezieht. Das Zitat steht auch der ersten Produktion "Nacht ohne Sterne" von Bernhard Studlar voran, die am 23. Februar als österreichische Erstaufführung Premiere feiern wird. Das Stück, das Dragaschnig in seiner Dramaturgie an Schnitzlers "Reigen" erinnert, erzählt in zwölf Szenen vom Dünnerwerden der Zivilisationsdecke in einer Zeit, in der Gewalt und Ungleichheit von Rechtspopulisten für ihre Zwecke ausgenutzt wird. Regie führen wird Hubert Dragaschnig.
Gleich drei Uraufführungen - so viele wie noch nie - folgen Studlars Werk. Zunächst stellt das Theater Kosmos mit "Odyssee - Ein Stück über (durchgestrichen, Anm.) Heimat nach Homer" unterschiedliche Welten gegenüber und verknüpft antike Epik mit Geschichten aus der Bevölkerung. In diesem Fall anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Eingliederung des Vororts Vorkloster in die Landeshauptstadt Bregenz mit Erlebnissen von Bewohnern des Stadtteils. Für die Textbearbeitung und Inszenierung wird der in Heidelberg geborene Autor und Regisseur Philip Jenkins verantwortlich zeichnen.
Die zweite Uraufführung soll wie bereits "Oh Schimmi" von Teresa Präauer (2018) einem jungen Autor und einer jungen Regisseurin eine Bühne geben. Das Stück "Das Optimum (Arbeitstitel)" des 1992 geborenen Niederösterreichers Mario Wurmitzer in Zusammenarbeit mit Maria Sendlhofer (Regie), Absolventin des Max Reinhardt Seminars, behandelt unter anderem die Diskrepanz zwischen Sein und Schein, die "angesichts von Fake News und alternativen Fakten vielleicht noch nie größer war als heute", so Dragaschnig und Jagg.
Für die letzte Produktion des Jahres konnten die Theatermacher Michael Köhlmeier als Autor gewinnen. Unter dem Arbeitstitel "Lamm Gottes" wird der Schriftsteller einen Theaterabend nach einem Triptychon gestalten. "Jeder Teil ist in sich geschlossen und erzählt eine Geschichte. Am Ende sollen sie einen vierten Teil ergeben - in den Köpfen des Publikums", führte Dragaschnig aus. Inhaltlich werde sich alles um "essen, fressen und gefressen werden" drehen.
Mit der Saison 2018 zeigten sich die Theaterleiter vorsichtig zufrieden. Die über 100 Veranstaltungen besuchten rund 9.000 Menschen. Die Auslastung betrug über 70 Prozent, um rund zehn Prozent weniger als in den Jahren zuvor. "Das Jahr ist nicht so herrlich gelaufen, wie wir es uns vorgestellt hatten", räumte Jagg ein. "Wir hatten tolle Produktionen und tolle Kritiken." Theater bedeute Energie aufzuwenden, Stellung beziehen zu müssen, "Theater ist nicht so bequem wie eine Serie auf Netflix", versuchte Dragaschnig eine Erklärung zu finden. Man werde aber trotzdem dabei bleiben, auch Unbequemes auf die Bühne zu bringen. "Wir können nicht nur Komödien zeigen, damit die Menschen ins Theater strömen", machte Jagg deutlich.