Große Namen? Hat diese Berlinale natürlich. Donnerstag Abend, zur Festivaleröffnung, defilierte eine Riege Hollywood-Größen von Bill Murray über Jeff Goldblum bis Tilda Swinton über den Roten Teppich. Sie waren freilich bloß als hochdotierte Werbefiguren für den Eröffnungsfilm „Isle of Dogs“ unterwegs.

Es ist der vorletzte Auftritt von Berlinale-Direktor Dieter Kosslick. Im Mai kommenden Jahres läuft sein Vertrag aus, Da hätte man eigentlich mit einem filmischen Feuerwerk rechnen können. Doch cineastische Knaller scheinen bei diesen 68sten Filmfestspielen rar gesät. Zumindest die Katalogtexte lassen eher auf kleine Karos denn auf große Werke schließen. Die üblichen Identitätssuchen und Familienkrisen hier, einmal mehr gequälte Künstlerseelen dort. Das Thema Flüchtlinge wird gleichfalls in diversen Variationen dekliniert. Ob mit neuen Impulsen, bleibt abzuwarten, die Inhaltsangaben der Beiträge lesen sich eher bescheidend als bahnbrechend. Auffallend in diesem Jahr ist das Ausbleiben von großen Namen.

Interessierte Zuhörerin bei der Pressekonferenz zu "Isle of Dogs": Tilda Swinton
Interessierte Zuhörerin bei der Pressekonferenz zu "Isle of Dogs": Tilda Swinton © APA/AFP/JOHN MACDOUGALL

Animationsmärchen

Das fantasievolle, gleichwohl brave Animationsmärchen von US-Regisseur Wes Anderson erzählt von wackeren Hündchen, die aus eine Müll-Insel verbannt werden, um dann allzu menschelnd eine bessere Welt anzustreben: „Wer sind wir? Und wer wollen wir sein?“ wird pädagogisch bieder gefragt. Hunde wollt ihr ewig leben? Vierbeiner aller Länder vereinigt euch! Mangels kreativer Masse vermutlich, verstößt das Festival sogar gegen sein eigenes Reglement. Independent-Ikone Gus Van Sant hätte gar nicht im Berlinale-Wettbewerb starten dürfen, lief seine Biografie über den Cartoonisten John Callahan „Don’t Worry, weglaufen geht nicht“ bereits zuvor schon im Januar auf Robert Redfords renommierten Festival von Sundance.

Begehrt: US-Regisseur Wes Anderson
Begehrt: US-Regisseur Wes Anderson © APA/AFP/JOHN MACDOUGALL

Der Regelverstoß beschert Berlin mit Hauptdarsteller Joaquin Phoenix immerhin einen US-Star, der nicht nur für jene läppische Hunde-Sprecher-Showeinlage anreist. Auch Udo Kier darf hier mit in das Blitzlichtgewitter, wenngleich die Fassbinder-Muse im Film nur wenige Minuten zu erleben ist.

Der Geheimtipp

So wenig Spektakuläres das Bären-Rennen in diesem Jahr verspricht, der übliche Geheimtipp aus gut unterrichteten Kreisen fehlt auch diesmal nicht: „In den Gängen“ heißt die deutsche Liebesgeschichte im Großmarkt, bei der ein schüchternen Staplerfahrer sich in hübsche Kollegin der Süßwaren-Abteilung verliebt. Franz Rogowski und “Toni Erdmann”-Star Sandra Hüller spielen die Hauptrollen. Der preisgekrönte „Herbert“ -Regisseur Thomas Stuber inszenierte die Kurzgeschichte von Clemens Meyer. Ob die Vorschusslorbeeren tatsächlich taugen, wird sich erst am nächsten Freitag, dem vorletzten Festivaltag erweisen. Mit „IdG“ ist jedenfalls bereits ein eingängiges Kürzel à la DSDS oder GZSZ gefunden. Vielleicht gibt’s zum Berlinale Happyend dann mehr wow als Wau.