Schon alleine durch sein Auftreten mischt Teodor Currentzis das Bild der steifen Salzburger Festspiele auf. Mit Skinny-Jeans, roten Schnürsenkeln und Undercut-Frisur ist er definitiv der optische Rockstar unter den Dirigenten. Auch musikalisch schwebt der Geist des Rock 'n' Roll in der Felsenreitschule mit, denn Currentzis' Herangehensweise ist schwungvoll und vor allem erfrischend. Mozarts Requiem in der von Franz Xaver Süßmayr vollendeten Fassung hat er laut Programmheft gewählt, weil "sie einfach die beste ist".

Los geht es vor allem mit viel Dynamik und Kraft. Nach wenigen Takten ist klar: Eine traurige, schleppende Totenmesse wird das nicht. Viel mehr weckt das Introitus den Anschein, es handle sich um ein Menuett in fröhlicher Stimmung. Für viel Pathos lässt Currentzis keine Zeit, sein Requiem ist sauber und akkurat bis in die Spitzen. So auch der musicAeterna Chor, der punktgenau und sehr deutlich ist. 

Freunde der ruhigen, andächtigen Kirchenmusik werden Currentzis Interpretation zu wuchtig empfinden, allen anderen zeigt er Mozart im neuem Licht. Denn er überrascht dann, wenn man es am wenigsten erwartet. Nach dem flotten Einstieg und einem fast reißerischen Tube Mirum, gerade als man hofft, dass er sich nicht verrennt, eröffnet er still und leise das berühmte Lacrimosa. Normalerweise lädt genau dieser Teil zu pompösen, wuchtigen Klangschwellen ein. Doch Currentzis dirigiert es fast ehrfürchtig und schlicht. Der Chor flüstert beinahe, und nur ab und zu setzt der Dirigent eine dynamische Spitze ein. 

Natürlich ist nicht jeder Satz ein Überschlag an neuen Herangehensweisen. Currentzis kann tatsächlich auch brav, was er beispielsweise im Benedictus zeigt und auch dann, wenn es darum geht, den Solisten den Vortritt zu lassen. Mauro Peter lässt sich dennoch von seinem Elan anstecken, wohingegen Tareq Nazmi mit seinen schlank geführten Basslinien die Ruhe behält. Die Stimmen von Anna Prohaska und Katharina Magiera ergänzen einander gut und sorgen für warme Momente.

Die Mischung aus all dem sorgt für ein erfrischend aufpoliertes Requiem, jenseits des überemotionalen Mozart-Pathos, das mit diesem Werk aufgrund seiner Unvollständigkeit - Mozart starb während der Komposition - einhergeht. Das Publikum feiert das ausgelassen. Currentzis scheint ebenfalls zufrieden, umarmt fast jeden Musiker persönlich. Dieses Debüt schlägt ein wie ein Blitz.