In gewisser Weise muss Kristine Tornquist beweisen, dass es doch möglich ist, auf zwei Hochzeiten zu tanzen. Zwar nicht gleichzeitig, aber ihre Inszenierung der „Weibspassion“ muss in zwei völlig verschiedenen Kirchenräumen funktionieren. Denn Bruno Strobls für den Carinthischen Sommer komponierte Kirchenoper wird nach der Uraufführung zunächst in der barocken Stiftskirche Ossiach gezeigt und anschließend zweimal in der Basilika Maria Loreto in St. Andrä.
„Wir haben wenig Adaptionszeit in den Kirchen, da brauchte man sich nicht zu komplizierte Sachen ausdenken“, sagt Kristine Tornquist. Die gelernte Bildhauerin ist vor allem für ein Musiktheater bekannt, das in minimalistisch einfachem Format mehrdeutige Botschaften und ironische Kommentare auf den Zeitgeist unterbringt. Die meisten dieser Kurzopern sind in ihrem „sirene Operntheater“ herausgekommen. Uraufführungen liegen ihr besonders: „Da kann man demütig sein vor dem Neuen“, sieht sie sich gerne als „Geburtshelferin, die ein Baby gesund und munter auf die Bühne stellt, ohne es zu beschädigen“. Dass zur Geburtsstunde der Oper, im Barock, die Autoren ganz wichtig waren und der Regisseur nebensächlich, kommt ihrer Einstellung entgegen.
„Eine Weibspassion“ fordert die Regisseurin Tornquist aber in mehrfacher Hinsicht. „Der Text von Franzobel und die Musik von Bruno Strobl sind sehr leidenschaftlich. Es passiert sehr viel, auch an Psychologie, weil viel über den Ehestreit läuft – zwei verschiedenen Ansichten, wie man sich in dieser Welt bewegen muss. Das ist wirklich Action. Es ist eine richtige Räuberpistole“, sagt Tornquist. Zunächst sei sie es humorvoller angegangen, bis sie bemerkt habe: Das ist wirklich ernsthafte und durchgängig komponierte Musik: „Strobl instrumentiert sehr viel mit Instrumentenklängen, die Streicher müssen auch sehr viel tun, was nichts mit klassischem Streicher zu tun hat.“ Dirigent Simeon Pironkoff sei begeistert vom Kärntner Sinfonieorchester. Sein Eindruck: „Die Musiker sind hungrig nach neuer Musik.“
Kristine Tornquist wird in Ossiach wie auch in St. Andrä den gesamten Kirchenraum bespielen und ausnützen, was es an beiden Spielorten gibt: Gänge, Kanzel und Balkon, eine kleine Burg wird als „Bühne“ dienen. Da eine Kirche auf den Altar hingebaut ist, wird sie zum Altar hin inszenieren. „Als Symbol für den Glauben werden wir aber nicht den Altar, sondern einen Mond beleuchten“, kündigt sie an. Eine Herausforderung ist auch die unterschiedliche Akustik im Ossiacher „Zuckerbäckerkunststück“ (Tornquist) und in der Lavanttaler Hallenkirche. „Ein Abenteuer,“ freut sich Tornquist. Die Votivkerze aus Gurk, die das Team zu Probenbeginn im Stadttheater Klagenfurt (Kooperationspartner) angezündet hat, um Hemmas Beistand zu erbitten, ist jedenfalls genau richtig abgebrannt.
Uschi Loigge