Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Mittwoch die Bregenzer Festspiele eröffnet. Zentrales Thema in den Ansprachen des Bundespräsidenten und von Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) waren die Themen Europa und Migration. Den künstlerischen Auftakt des Festivals bildet am Abend die Premiere von Georges Bizets Klassiker "Carmen", der bis 20. August 28 Mal auf der Seebühne gespielt wird.
Die Eröffnung der 72. Auflage der Bregenzer Festspiele ging bei heißem Sommerwetter wie gewohnt im klimatisierten Festspielhaus über die Bühne. Sowohl Van der Bellen als auch Drozda betonten die Bedeutung der EU im Sinne ihrer Werte und als Friedensinstitution. "Die europäischen Grundwerte sind der Stoff, aus dem wir unsere Zukunft zuversichtlich formen können", sagte der Präsident bei seiner ersten Eröffnungsrede in Bregenz und meinte damit "Freiheit, Gleichheit und Solidarität, ergänzt durch Toleranz und Respekt, Humanität und Empathie". Angesichts einer ungewissen Zukunft sei ein "starker Zusammenhalt in der Europäischen Union" umso wichtiger, betonte er - was die 2000 Festgäste mit Applaus bejahten. Dieses Europa sei nicht vom Himmel gefallen, und es habe dazu die Zuversicht und die Aufbauarbeit mehrerer Generationen gebraucht. "Wir dürfen und werden dieses Europa nicht leichtfertig aufgeben", unterstrich der Bundespräsident.
Auch Drozda war der Meinung, dass eine angemessene Antwort nur solidarisch und in Gemeinschaft erfolgen könne. Die EU sei auch das Kürzel "für eine vormals unbekannte Epoche des Friedens", betonte der Kulturminister. Die westlichen Demokratien beruhten auf den universellen Menschenrechten, dem Rechtsstaat, Toleranz und Dialog. Am liberalen und sozialen Staat könne man sich auch in unsicheren und stürmischen Zeiten orientieren, so Drozda.
Ebenfalls in den Mittelpunkt ihrer Reden stellten die beiden Bundespolitiker das Thema "Flucht und Exodus", wie es Drozda nannte - anknüpfend an die in diesem Jahr im Festspielhaus gezeigte Oper "Moses in Ägypten" von Gioachino Rossini. "Die Kunst ist eine der wenigen Institutionen in unserer Gesellschaft, die mutig benennt, was richtig und falsch, was menschlich geboten und was zynisch oder unmenschlich ist", sagte der Minister. Gerade jetzt seien Menschen auf der Flucht vor Krieg und Armut nach Europa. Die Art und Weise, "wie wir mit den ankommenden Menschen umgehen, [...], sagt aber viel über uns aus", stellte Drozda fest. Es gelte für Freiheit und Rechtsstaat einzutreten und "unsere Demokratie sowohl vor religiösem als auch vor linkem oder rechtem Extremismus zu schützen". Der Sozialstaat sei eine "herausragende Kulturleistung" und "stabile Basis einer humanen und friedlichen Gesellschaft".
Van der Bellen sagte zur Bewältigung der Migration, "dass sie uns zwingt, Farbe zu bekennen, wie ernst wir es denn mit den Menschenrechten meinen". Sie zwinge uns aber auch "klarzustellen, was zu den Menschenpflichten zählt, an die sich alle - die Einheimischen und die Zugewanderten - zu halten haben".
Auch Festspielpräsident Hans-Peter Metzler gab eine Antwort auf die Frage nach der Zukunft: "Ohne Kultur keine zukunftsfähige Zivilisation", stellte Metzler in seiner Rede fest. Die Bregenzer Festspiele investierten alles, was erwirtschaftet werde, wieder in die Kunst und folglich in Kultur. So gelinge es "uns als Unternehmen, Kultur- und Gesellschaftsförderung für unsere Mitmenschen erlebbar und erfahrbar zu vereinen". Für die Oper gebe es keine elitären gesellschaftlichen Schranken, dem hätten sich die Bregenzer Festspiele seit jeher verpflichtet gefühlt.
Der wirtschaftliche Erfolg der Bregenzer Festspiele stand dabei - regenfreies Wetter vorausgesetzt - schon vor der Eröffnung fest. Sämtliche 28 "Carmen"-Vorstellungen" sind ebenso ausverkauft wie die drei Aufführungen von "Moses in Ägypten" im Festspielhaus. Für die heuer 80 programmierten Veranstaltungen wurden insgesamt 214.000 Tickets aufgelegt.
Bonmots des Präsidenten
Die live im ORF übertragene Eröffnung gestaltete sich auch dank der Bonmots des Bundespräsidenten kurzweilig. So hoffte er etwa - von einem Torero ans Rednerpult geführt - dass er am Ende nicht den Heldentod eines Stieres erleiden müsse. Außerdem versicherte er angesichts der ähnlichen Inhalte seiner Rede und jener von Kulturminister Drozda, "dass wir uns nicht abgesprochen haben. Das haben wir jetzt davon". Ebenso prägend wie die Ansprachen - und sogar etwas länger als diese - waren für die Eröffnungszeremonie aber die Auszüge von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Festspielprogramm. Den Beginn machte der eigentliche Star des Festspielsommers, "Carmen". Lena Belkina als Darstellerin gab noch vor jeder Rede "L'amour est enfant de Boheme" zum besten. Ebenfalls zu sehen und zu hören waren Ausschnitte aus "Moses in Ägypten" und den anderen Produktionen wie Zesses Seglias' "To the Lighthouse", "The Situation" von Yael Ronen und Ensemble, W.A. Mozarts "Die Hochzeit des Figaro" und die von Hotel Modern und dem Niederländischen Bläserensemble gestaltete 90 Minuten-Version von Richard Wagners "Der Ring des Nibelungen".