Auf den ersten Blick wirkt das Bühnenbild mit gerahmten Wolkenansichten, hohen Tannen und riesigen Singvögeln auf dem zentralen Uhrturm wie eine überdimensionierte Kindertheater-Kulisse, die allerdings bald ihre wandlungsfähige Funktionalität, professionelles Lichtdesign inklusive, unter Beweis stellt. Die etwas dünne Handlung, garniert mit wohlbekannten Melodien ("Griaß enk Gott, alle miteinander", "Ich bin die Christel von der Post", "Schenkt man sich Rosen in Tirol", "Als geblüht der Kirschenbaum"), peppen Regisseur Axel Köhler und Choreograf Mirko Mahr mit effektvollen Massenszenen, viel Bewegung und farbigen Wasserspielen auf und verleihen dem Werk den Charakter einer professionellen Breitwandrevue mit folkloristischen Einlagen. Das geht natürlich zwangsläufig hin und wieder auf Kosten der Intimität und der Zwischentöne.
In der Titelrolle weiß sich Paul Schweinester energisch in Szene zu setzen, Sieglinde Feldhofer gibt eine attraktive Postbotin Christel, Cornelia Zink als Kurfürstin und Dagmar Schellenberger als Adelaide, Horst Lamnek als Baron Weps und Philipp Kappeller als täppischer Stanislaus machen ihre Sache gut, für viel Heiterkeit sorgt das köstliche Duo Wolfgang Dosch und Gerhard Ernst mit der witzig inszenierten Prodekan-Szene. Die Textfassung enthält einige aktuelle Anspielungen von Pilz bis Pichowetz, die vom Publikum dankbar aufgenommen werden, und belachte Sätze wie "In der Politik werden öfters Posten vergeben, die's gar nicht gibt."
Das vernahm auch die geballte Polit-Prominenz im Premierenpublikum, darunter die Landeshauptleute Hans Niessl (SPÖ) und Hermann Schützenhöfer (ÖVP), Bundesminister Thomas Drozda (SPÖ), FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache und Alt-Kanzler Franz Vranitzky (SPÖ). Besonders herzlicher Applaus galt dem ehemaligen Intendanten Harald "Mister Wunderbar" Serafin. In ihrer Begrüßungsansprache dankte die scheidende Intendantin Dagmar Schellenberger dem Publikum für seine Treue in den vergangenen Jahren und versicherte, sie werde die in Mörbisch erfahrene Begeisterung und Freude immer in ihrem Herzen tragen.
Dass der Premierenabend samt abschließendem pompösen Feuerwerk bis Mitternacht dauern würde, war vorhersehbar. Dass man dann allerdings bei der Ausfahrt vom Parkplatz eine geschlagene Stunde im Stauchaos zubringen muss, mindert den Genuss des Abends denn doch erheblich.