Die sich um Rachemord und Mutterliebe drehende Opera seria wurde von der Künstlergruppe "Furore di Montegral" werkgetreu in Szene gesetzt - alles, was Geschichte und Musik dienlich ist, ist vorhanden, darüber hinaus Gehendes wird vergeblich gesucht. Eindrucksvoll gestaltete sich das von Alfredo Troisi gestaltete Bühnenbild. Zwischen opulent und spartanisch oszillierend vermag es durchaus in das alte Babylon zu entführen. Unterstützung erhält er dabei von Lenka Radecky, die die Protagonisten standesgemäß pompös und prunkvoll gewandete. Alles in allem zeigte sich die Gesamtproduktion jedenfalls stimmig.

Für die musikalische Leitung verantwortlich zeichnete Maestro Gustav Kuhn, der mit seinem Dirigat einfühlsam und gleichzeitig kraftvoll durch die reichhaltige Partitur führte und einmal mehr bewies, über welch wunderbare Akustik das neue Festspielhaus verfügt. Der durchwegs spielfreudige Chor trug erhaben sowie kraftvoll durch den Abend und stand der Ensemble-Leistung um nichts nach.

Bei dieser wollen vor allem Maria Radoeva als babylonische Königin und Svetlana Kotina als Arsace hervorgehoben werden. Vor allem Letztere wusste bereits bei ihrem ersten Auftritt auf der Bühne mit der Cavatine "Ah! quel giorno ognor rammento" herauszuragen und einen Zwischenapplaus einzuheimsen. Ihre stimmliche und darstellerische Präsenz büßten im weiteren Verlauf des Abends nichts an Qualität ein. Ebenso glänzte Maria Radoeva, die eine grazile, aber stimmlich imposante "Semiramide" gab. Und Maria Rosaria Lopalco erfüllte als die umworbene Azema ihren Part souverän.

Bei den Männern fiel Giovanni Battista Parodi auf, der sich mit seinem düsteren Bass teils bedrohlich, teils zweifelnd durch den Abend sägte. Auch darstellerisch zeigte er einen vielschichtigen Assur. Raphael Sigling heimste für seine würdevolle Vorstellung des Oroe einen extra Applaus ein. Und Hiu Jin vermochte vor allem stimmlich diffizil als Idreno zu überzeugen. Szymon Chojnacki als König Ninos und Giorgio Valenta als Mitrane erfüllten ihren Part solide. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass das Premierenpublikum nach der mehr als vierstündigen Vorstellung, die trotz allem musikalischem Wohlgefallen auch Längen besaß, die Leistung minutenlang beklatschte und bejubelte.