Der österreichische Film ist bei der 67. Berlinale breit aufgestellt. Mit Josef Haders Regiedebüt "Wilde Maus" im Wettbewerb sowie dem Dokumentarfilm "Untitled" von Monika Willi und Michael Glawogger im Panorama feiern zwei heimische Beiträge an prominenter Stelle ihre Weltpremiere. Aber auch in anderen Sektionen finden sich Produktionen aus Österreich bzw. mit Österreichbezug.

Im Wettbewerb

Einziger österreichischer Beitrag im Rennen um den Goldenen Bären ist "Wilde Maus", das lang ersehnte Regiedebüt von Josef Hader. In der Tragikomödie um den entlassenen, narzisstischen Musikkritiker Georg tritt der bald 55-Jährige als Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller in Personalunion in Erscheinung. Seiner sich nach Nachwuchs sehnenden, jüngeren Frau Johanna (Hierzegger) die Kündigung verschweigend, geht Georg auf nächtliche Rachefeldzüge gegen seinen Ex-Chef. Tagsüber trifft er sich mit seinem ebenfalls arbeitslosen, ehemaligen Mitschüler Erich (Friedrich) und beginnt, mit ihm eine marode Achterbahn zu renovieren. "Voll von lakonischem Witz reflektiert der Film, wie ein bürgerliches Leben aus dem Ruder geraten - und vielleicht doch wieder ins Lot kommen kann", urteilt die Berlinale.

Gleich doppelt ist der Wiener Georg Friedrich im diesjährigen Wettbewerb vertreten, als Neo-Achterbahnbesitzer in Josef Haders "Wilde Maus" und in einer deutsch-norwegigeschen Koproduktion als Bauingenieur Michael in Thomas Arslans Vater-Sohn-Geschichte "Helle Nächte". Michael lebt in Berlin und hat schon seit Jahren kaum Kontakt zu seinem 14-jährigen Sohn Luis (Tristan Göbel). Als Michaels Vater stirbt, reisen die beiden gemeinsam zur Beerdigung ins nördliche Norwegen und beschließen, noch ein paar Tage dranzuhängen. "Es beginnt ein Roadmovie und eine Reise in eine Vergangenheit, die es nicht gab", schreibt das Festival über den Film.

Panorama Dokumente

Im Dezember 2013 hatte sich der Regisseur Michael Glawogger mit Kameramann Attila Boa und Tonmann Manuel Siebert für einen thematisch ungebundenen, ein Jahr umspannenden Film auf Weltreise begeben. Viereinhalb Monate später verstarb er in Liberia an einer Malaria-Infektion. Rund 70 Stunden Filmmaterial sind in dieser Zeit an Stationen im Balkan, in Italien sowie in Nordwest- und Westafrika entstanden. Aus diesem hat Glawoggers langjährige Cutterin Monika Willi nun einen laut Berlinale "faszinierenden Film" montiert - über eine "Reise, um zu beobachten, zuzuhören und zu erleben, mit aufmerksamen Augen, mutig und roh". 

Kurzfilmwettbewerb

Ein Haus auf Stelzen auf einem Hügel an der Küste Ghanas ist der Protagonist von "Fishing Is Not Done On Tuesdays", einer Gemeinschaftsarbeit des jungen steirischen Filmemachers Lukas Marxt und des deutschen Videokünstlers Marcel Odenbach, dem die Kunsthalle Wien aktuell eine Personale widmet. In der Collage aus Archivmaterial und selbst produzierten Bildern und Tönen wird "das Haus zum Guckkasten, zur Apparatur des Kinematographen und setzt Rahmen für verschiedene Blickrichtungen", heißt es im Programmtext.

Für "keep that dream burning" hat der Linzer Videokünstler Rainer Kohlberger aus Actionfilmen unter Verwendung unterschiedliche Algorithmen Bildrauschen ("Noise") herausgearbeitet und damit die Dramaturgie auf das Wesentliche reduziert. Das Ergebnis "oszilliert dabei zwischen größtmöglicher Abstraktion und schlichter Unschärfe. Innerhalb der Unschärfe formen sich Objekte und verlieren sich wieder".

Forum

Seltsame Dinge passieren in "Tiere", dem Mystery-Drama von Greg Zglinski nach einem Buch von Jörg Kalt. Eine junge Frau springt aus dem dritten Stock eines Wiener Mietshauses, in dem auch Anna (Minichmayr) und ihr Freund Nick (Hochmair) leben. Zweifel und Verdächtigungen belasten ihre Beziehung; in der Schweiz soll ein Neuanfang gewagt werden. Währenddessen soll die attraktive Mischa auf die Wiener Wohnung aufpassen. Die Ebenen beginnen sich zu überlappen, und Anna glaubt allmählich, in einer Parallelwelt gefangen zu sein. "Kann es am Ende auf alle Fragen eine Antwort geben?", stellt die Berlinale in den Raum, und verspricht: "Abwarten, denn 'Tiere' spielt sein Mindgame zwischen Wien und den Schweizer Alpen äußerst raffiniert."

Forum Expanded

44 künstlerische Beiträge aus 21 Ländern, darunter 28 Filme und 15 Installationen sowie eine Performance, wurden ins Programm von Forum Expanded eingeladen. Darunter findet sich mit "The Shortest Day" ein Kurzexperimentalfilm von Karo Goldt, Absolventin der Schule für künstlerische Fotografie in Wien. "'The Shortest Day' beschäftigt sich mit Melancholie und Trauer, aber auch mit der Überwindung dieser Gefühle", beschreibt die gebürtige Deutsche. "Ab der Wintersonnenwende werden die Tage wieder länger."

Perspektive Deutsches Kino

Von seiner eigenen Kindheit mit einer heroinabhängigen Mutter erzählt der Salzburger Regisseur und Drehbuchautor Adrian Goiginger in seinem Erstlingsfilm "Die beste aller Welten". Im Zentrum stehen der siebenjährige Adrian und dessen Mutter Helga, die bestmögliche Mutter sein will, aber den Kampf, von den Drogen loszukommen, regelmäßig verliert. Für Adrian ist das auch Alltag, seine Kindheit ist eine glückliche. Als Helga eine Entziehungskur macht, muss sie das Sorgerecht - zumindest vorläufig - an das Jugendamt abtreten, was die Mutter-Sohn-Beziehung einer noch viel größeren Prüfung unterzieht.

Von einem "einfachen Mann, der wenig Worte macht und nur wenig vom Leben will", erzählt "Zwischen den Jahren" von Lars Henning. "Tatort"-Kommissar Peter Kurth spielt Becker, einen Wachmann für eine Sicherheitsfirma, der nach einer lebenslangen Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen wurde. Zufällig begegnet er Dahlmann, verkörpert vom österreichischen Schauspieler und Filmemacher Karl Markovics: Dessen Leben hatte er vor 18 Jahren zerstört, als er bei einem Raubüberfall dessen Frau und kleine Tochter erschoss. Während Becker seine Strafe abgesessen und seine Tat zutiefst bereut hat, ist die Vergangenheit für das Opfer nicht abgeschlossen.

Berlinale Special: Series

Nach dem Erfolg mit seinem Horrorfilm "Blutgletscher" wechselt der österreichische Jungregisseur Marvin Kren Genre - und von Film zum Fernsehen. Für den deutschen Bezahlsender TNT Serie hat er die Miniserie "4 Blocks" über arabische Clans in Berlin-Neukölln gedreht, die nun im Rahmen des Festivals im Haus der Berliner Festspiele präsentiert wird. Im Zentrum der Handlung steht Toni, gespielt von Kida Khodr Ramadan, der dem Sumpf von Drogen, Prostitution und Geldwäsche entkommen will. Doch als sein Schwager bei einer Razzia verhaftet wird, ist Toni es der Familie schuldig, wieder tiefer in die Geschäfte des Clans einzusteigen.

Drama Series Days

Zum dritten Mal finden die "Drama Series Days", eine gemeinsame Initiative für Serieninhalte bei den Branchenplattformen European Film Market, Berlinale Co-Production Market und Berlinale Talents statt. In diesem Rahmen wird am 15. Februar zum Serien-Pitching "CoPro Series" in den Zoo Palast eingeladen. Einziges österreichisches Projekt, das Koproduktions- und Finanzierungspartner sucht, ist "Freud": In dem österreichisch-deutschen Krimi sollen die psychoanalytischen Fähigkeiten des Titelhelden bei der Jagd auf einen Serienmörder helfen.