Willkommen zurück aus den Bergen! Muss ich jetzt mein Bild von der Venezianerin Donna Leon ändern? Eine Naturliebhaberin mit Rucksack, die durch die Wälder pirscht, dem Kuckuck lauscht und Pilze sammelt?
DONNA LEON: Nein, da liegen Sie ein bisschen falsch. Ich habe ein Haus in den Bergen, um im Garten zu arbeiten, Gemüse anzubauen und Blumen zu züchten.

Streng genommen, leben Sie ja als absoluter Fan von Georg Friedrich Händel in der falschen Stadt. Statt Venedig müsste es ja eher Dresden oder Halle oder - am besten - London sein.
LEON: Ja, London wäre fein - oder Paris. Allerdings müsste ich dann von Orten, in denen ich nicht so gern wohnen würde, ständig pendeln, um Händel-Opern in anderen Städten zu sehen. Dann gleich Venedig, wo es sich für mich immer mehr lohnt zu leben. Außerdem: Ich habe ja den Fahrplan der Boote zum Flughafen.

Händel, ja. Aber in Venedig fiele einem zu allererst Vivaldi ein und Gabrieli. Oder Monteverdi, dessen "Vespro della Beata Vergine" - wenn's im Himmel klingt, dann so.
LEON: Deren Musik, dazu Conti oder Scarlatti, liebe ich natürlich auch. Aber so, wie Sie hingerissen sind von Monteverdi, so bin ich es von Händel. De gustibus...", denke ich.

Ihre Lieblingsoper von Händel?
LEON: "Alcina". Alan Curtis hat sie letztes Jahr mit Joyce DiDonato, Maite Beaumont und Karina Gauvin aufgenommen. Die CD erscheint Anfang nächsten Jahres. Curtis selbst war, schon als er den ersten Rohschnitt hörte, im Himmel. Ich durfte im Studio dabeisein und bei zwei Aufführungen: absolute Glückseligkeit!

Wie sind Sie denn in Kontakt mit dem aus Michigan stammenden Alan Curtis und seinem Originalklang-Ensemble "Il Complesso barocco" gekommen?
LEON: Ich kenne Alan seit 20 Jahren, zunächst von seinen fantastischen Aufführungen her, dann als Freund und jetzt als jemand, mit dem ich auch immer wieder zusammenarbeite. Aber ich bewundere auch William Christie, Marc Minkowski, René Jacobs und Nikolaus Harnoncourt.