Sie singen Montag und Dienstag an der Seite von Anna Netrebko Rossinis "Stabat mater". ILDEBRANDO D'ARCANGELO: Rossini gehört natürlich zu meinem Repertoire, er ist Teil meines Weges. Und mit Anna Netrebko auf der Bühne zu stehen, ist jedes Mal wunderbar. Ich war ja schon dabei, als sie 2002 von Nikolaus Harnoncourt für "Don Giovanni" entdeckt wurde, das war die eigentliche Geburtsstunde ihrer Karriere. Sie hat sich seither überhaupt nicht geändert, wir haben jedes Mal großen Spaß miteinander. Jüngst, bei "Anna Bolena" an der Wiener Staatsoper, hat sie mir hinter der Bühne immer zugeflüstert: "Du bist der Bösewicht!" Und ich habe geantwortet: "Lass es gut sein, ich liebe dich trotzdem."

Nicht zufällig ist Ihre aktuelle CD Mozart gewidmet. D'ARCANGELO: Ich konnte in den letzten Jahren die besten Mozart-Erfahrungen sammeln, habe viel gelernt und nun auch eine gewisse Reife erreicht.

Unter anderem für die Partie des Don Giovanni? D'ARCANGELO: Ihn studierte ich als Leporello und konnte mir das Beste von vielen fantastischen Kollegen aneignen. Mittlerweile habe ich Don Giovanni in fünf verschiedenen Häusern gesungen, momentan ist für mich die ideale Zeit für diese Rolle.

Was ist Don Giovanni für Sie? Der "bad guy"? D'ARCANGELO: Das wäre ein oberflächliches Urteil. Aus dem anfänglichen Verführer und Liebhaber wird bei Mozart und da Ponte bald ein Loser. Es geht ihm ja auch gar nicht um pure Sexualität. Wenn er merkt, dass er eine Frau erobert hat, reicht ihm das. Er strebt immer danach, perfekt zu sein, ist aber innerlich total leer. Immerhin beweist er Charakter. Als ihm am Ende angeboten wird, um Verzeihung zu bitten, weil er dann vielleicht erlöst werden könne, verweigert er.

Steckt auch in D'Arcangelo ein bisschen Don Giovanni? D'ARCANGELO: Eine Spur Don Giovanni hat wohl jeder Mann in sich. Wie viel davon rauskommt, hängt vom jeweiligen Leben ab. Ich bin jedenfalls kein Frauensammler. Das bekommt ja auch Don Giovanni nicht gut. Je mehr Frauen, umso mehr Troubles.

Was ist Ihnen in Bezug auf Frauen wichtig? D'ARCANGELO: Zur richtigen Zeit den richtigen Menschen zu treffen, das ist schwer genug. Ich war einmal verheiratet, bin geschieden. Ich war damals 24 und wohl zu jung. Seither bin ich ein Suchender, wie Don Giovanni.

Private Krisen haben bei manchen Sängerkollegen schon Stimmkrisen verursacht. D'ARCANGELO: Ein gescheiter Mensch hat einmal gesagt: "Wenn die Seele krank ist, spiegelt sich das in unserer Stimme." Das hat was für sich. Deshalb ist für einen Sänger der innere Friede am wichtigsten. Nur so können wir dem Publikum die Wahrheit und Wahrhaftigkeit der Opernwerke vermitteln. Wobei Perfektion nicht immer das Wichtigste ist. Ich liebe Kollegen, die nicht total perfekt sind - und trotzdem kriege ich eine Gänsehaut, wenn ich ihnen zuhöre.

Bei wem haben Sie eine besondere Gänsehaut bekommen? D'ARCANGELO: Bei einem, der wirklich perfekt ist. Nachdem ich Ferruccio Furlanetto in einem "Don Carlos" in London sah, sagte ich ihm: "Ferruccio, ab heute dürfte ich eigentlich nicht mehr singen."

Angenommen, Mozart käme auf einer Wolke dahergeschwebt. Was würden Sie ihn fragen? D'ARCANGELO: Ob ich sein Sklave sein darf, solange ich singe. Und ich würde ihm sagen, welche Ehre es für mich ist, seine Musik zu singen. Und für alles, was ich falsch mache, würde ich ihn um Verzeihung bitten.

Sind Sie privat Opernbesucher? D'ARCANGELO: Wenn besondere Kollegen - wie etwa Angela Gheorghiu - dort gastieren, wo ich mich gerade aufhalte, dann: Nichts wie rein. Ansonsten schaue ich mir leidenschaftlich gern Filme an. "Gladiator" etwa habe ich gut zehn Mal gesehen.

Hin und wieder wurden Sie ja schon als "Antonio Banderas der Oper" bezeichnet. Kennen Sie ihn? D'ARCANGELO: Ich habe ihn in New York im Musical "Nine" gesehen. Ich ging hinein, weil er für mich ein großer Schauspieler und ein cooler Typ ist. Und siehe da, auf einmal begann der zu singen, und zwar ganz fabelhaft. Neben ihm standen neun tolle Frauen auf der Bühne, ich habe gar nicht mehr auf sie geachtet, sondern meinen Fokus nur noch auf Antonio gerichtet. Ich habe ihn danach auch kennengelernt.

Wie wäre es mit einem Film Antonio & Ildebrando? D'ARCANGELO: Wenn man mir das anbietet - sofort!