Wer Gertraud Jesserer googelt, stößt gleich auf Fotos, das die Schauspielerin mit Udo Jürgens zeigen. So rund um 1962 muss es gewesen sein, erinnert sich die Grande Dame des Wiener Burgtheaters an jene Zeit zurück, als sie mit dem Entertainer vor der Kamera stand: „Damals waren wir beide noch eher unbekannt. Und der Film ging während der Dreharbeiten pleite“, erzählt die 73-Jährige lachend. Jahre später allerdings kam der Film dann doch noch in die Kinos: „Sie haben das Material einfach irgendwie zusammengestoppelt“, wundert sich Jesserer.

Debüt als Teenager

Auf viele berufliche Pleiten muss die Schauspielerin in ihrem Leben nicht zurückblicken, im Gegenteil: Als Teenager bekam sie ihre erste Filmrolle und debütierte bald darauf an der Josefstadt, dessen Ensemble sie bis 1969 angehörte. Nach vier Jahren am Schauspielhaus Hamburg kehrte sie nach Wien zurück und ist dort seit 1974 Mitglied des Burgtheaters: „Mittlerweile bin ich schon pensioniert, aber wenn sie mich brauchen, dann spiele ich noch gerne“, sagt sie.


Vor allem aber „mache ich nur mehr Sachen, die mir Spaß machen“. Wie etwa den „Talisman“, in dem sie ab heute Abend im Stadttheater Klagenfurt die Frau von Cypressenburg gibt, die als eine von drei Witwen den Titus Feuerfuchs umgarnt. „Es ist ein glänzend geschriebenes Stück, das mit Themen wie Ausgrenzung, Diskriminierung oder Vorurteilen sehr heutig ist. Und außerdem ist es einfach gute Unterhaltung“, so Jesserer. Für sie ist es überhaupt erst der zweite „Talisman“, in dem sie auf der Bühne steht. Und der erste liegt auch schon ein bisserl zurück. 1970 spielte sie in Hamburg die Salome Pockerl: „Damals hatte ich den Bonus der charmanten Exotin“, erinnert sich die Mimin, die 1998 mit dem Nestroy-Ring (Vorgänger des Nestroy-Preises) ausgezeichnet wurde.

Als Romys Schwester

Dabei stand am Anfang ihrer Karriere ein Zufall: Ende der 1950er-Jahre wollte sie gerne im Film „Die Halbzarte“ mitspielen. Während sie in der Statistenschlange stand, kam der Aufnahmeleiter vorbei. „Der fischte mich heraus und sagte, dass man eine jüngere Schwester für Romy Schneider suchen würde. Und vom Aussehen und der Statur her würde ich gut passen. Regisseur Rolf Thiele ließ mich eine Szene lesen und ich bekam die Rolle.“ Gertraud Jesserer war damals 14 Jahre alt, Romy Schneider 19. Die beiden waren dann bis zum Tod von Romy Schneider befreundet: „Sie hat mir viele Briefe geschrieben, in denen sie von ihren Erlebnissen und Emotionen erzählt hat“, so Jesserer, die ihrerseits allerdings „lieber telefoniert“ hat.

An der Seite von Legenden


Nach diesem frühen Karrierestart dachte die Wienerin, dass eine richtige Ausbildung eine gute Idee wäre und ging ans Max-Reinhardt-Seminar. Dort flog sie aber bald wieder hinaus: „Während des ersten Jahres darf man eigentlich nicht spielen und ich hatte schon Engagements“, erinnert sie sich zurück. Es hat ihrer Karriere nicht geschadet, in der sie mit legendären Partnern wie Will Quadflieg, Heinz Rühmann, Otto Schenk, Helmut Lohner und vielen mehr auf der Bühne und vor der Kamera stand.
Und an welche Produktion denkt sie besonders gerne zurück? „Da gibt es viele“, meint sie. Und setzt nach: „Arthur Schnitzlers ,Das weite Land‘ mochte ich sehr.“ Das Stück inszenierte übrigens Josef Köpplinger, die Koproduktion mit der Josefstadt war im Herbst 2011 im Stadttheater zu sehen.