Nichts weniger als die Grenzen des Möglichen und Sprachlichen zu überwinden gilt es in Ingeborg Bachmanns einst kontrovers diskutiertem Hörspiel „Der gute Gott von Manhattan“. Dieser mit den Mitteln der Liebe ausgetragene Konflikt zwischen zwei Weltvergessenen mit einem über Leichen gehenden Gott feiert heuer ein Jubiläum und im Schauspielhaus Premiere. Im Vorjahr wäre Bachmann 90 geworden, das Hörspiel entstand vor 60 Jahren.
Wenn Jan (Mathias Lodd) und Jennifer (Tamara Semzov) die Bühne betreten, funkt es – und nicht gerade sparsam. Die Liebe auf den ersten Blick ist der einzige Moment der klaren Einfachheit. Es folgt leidenschaftliches Nuancieren und ein Driften in die liebestrunkene Abwesenheit. Letzteres ist ein Bruch mit gesellschaftlichen Normen, etwas, das die Ordnungsmacht, personifiziert durch den von Franz Xaver Zach mit erhabener Lässigkeit dargestellten „guten Gott“, nicht akzeptieren kann.
Die Schweizer Regisseurin Claudia Bossard, der mit „Lupus in Fabula“ im Vorjahr eine viel beachtete Produktion gelang, geht mit Bachmanns Text behutsam und gleichzeitig fordernd um. Durch die Aufsplittung der Richterfigur in ein weiteres Liebespaar (Nico Link und Vera Bommer) gewinnt das Stück an Dynamik. Ein schlichtes Bühnenbild und die Klanggestaltung fügen sich organisch ein. Unbefriedigend bleibt hingegen die Integration des Briefwechsels zwischen Bachman und Paul Celan. Teilweise stockt der Erzählfluss, der Mehrwert bleibt aus.
Bachmann hatte sich einst gegen eine Inszenierung des Stückes im Theater ausgesprochen. Es könne auf der Bühne nicht gedacht und nur in einem Hörspiel inszeniert werden. Bossard widerlegt diese Aussage mit einem Abend, dem ein gewisser Zauber nicht abgesprochen werden kann.
Der gute Gott von Manhattan. 19., 25. Jänner, 9., 15. Februar, 20 Uhr. Schauspielhaus Graz, Haus Zwei. Karten: Tel. (0 31 6) 8000.
www.schauspielhaus-graz.com