Am Sonntag um 20 Uhr gastiert im Grazer Orpheum "Die Tagespresse Show". ORF-Stimme Paul Kraker präsentiert im "seriösesten Newsroom Österreichs" die "ausrecherchiertesten" Geschichten zwischen "Zwettl und Seattle". Wir sprachen mit Fritz Jergitsch, dem Gründer der Satireseite "Die Tagespresse", die etwa am Dienstag titelte: "War nie beim Bundesheer. Van der Bellen muss Grundwehrdienst nachholen". Und heute: "Streit eskaliert: Türkei ruft 53.000 Kebab-Verkäufer aus Österreich zurück".
Herr Jergitsch, nach der Premiere im September hat sich ja in der Nachrichtenwelt einiges getan. Wird das Programm aktualisiert?
FRITZ JERGITSCH: Ja, wir machen ja eine aktuelle Nachrichtensendung auf der Bühne. Wegen der Präsidentenwahlen mussten wir umschreiben. Im November haben wir Clinton raus- und Trump reinnehmen müssen, wegen der österreichischen Stichwahl haben wir auch aktualisiert.
Praktisch Operationen am offenen Herzen.
FRITZ JERGITSCH: Schon. Das Stück hat eine Dramaturgie, und die Herausforderung ist, dass das große Ganze nicht darunter leidet oder sogar noch besser wird. Es macht den Reiz des Stückes aus, dass es sich wie eine richtige Nachrichtensendung anfühlt.
Findet etwa Norbert Hofers Konvertieren zum Islam beim Grazer Gastspiel seinen Niederschlag?
FRITZ JERGITSCH: Wir übernehmen sehr selten Inhalte von der Website auf die Bühne, denn die Leute zahlen ja Eintritt und wollen nicht unsere Website vorgelesen bekommen. 90 Prozent der Inhalte des Theaterstücks sind komplett neu und nur im Theater zu sehen.
„Die Tagespresse“ soll noch weiter expandieren. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat vor seiner Wiederbestellung angekündigt, er verhandelt mit euch. Wie ist der Stand der Dinge?
FRITZ JERGITSCH: Wir sind ein Unterhaltungsmedium, unser Werkzeug ist die Satire, wir kritisieren durch Übertreibung, aber wir zerstören niemanden. Wir nehmen gerade eine Pilotsendung für den ORF auf. Das dauert. Wir wissen nicht, ob und wann sie auf Sendung geht.
Wie haben Sie eigentlich mit der Satire-Geschichte angefangen?
FRITZ JERGITSCH: Aus einem Ohnmachtsgefühl und aus einer Wut auf gewisse Dinge und Zustände heraus. Anfangs habe ich die Satire für mich als Blitzableiter entdeckt. Der ultimative Auslöser war die EU-Saatgutverordnung, die vor dreieinhalb oder vier Jahren von der EU diskutiert wurde, wo es darum ging, dass man Kleinbauern verpflichtete, ihr ganzes Saatgut zu registrieren, was ihnen extrem geschadet hätte. Ich habe dann darüber einen satirischen Artikel geschrieben, in dem ich diese Regulierungswut der EU auf die Schaufel nehmen wollte. Das hat mir Spaß gemacht. Irgendwann habe ich dann die „Tagespresse“-Seite eingerichtet, einen einfachen Blog - das kann heute jeder machen. Da braucht man kein Geld dazu. So bin ich schließlich aufs Schreiben gekommen.
Die Tagespresse Show am Sonntag um 20 Uhr im Grazer Orpheum. Tickets an der Abendkasse.
Reinhold Reiterer