Sie schreibt im Bereich der Polit-Thriller in einer eigenen Liga. "Marseille.73" ist ein weiteres, politisch hochbrisanten Meisterwerk von Dominique Manotti. Wer stets nahe an der düsteren Realität angesiedelte Kriminal-Literatur schätzt, landet früher oder später garantiert bei den Romanen dieser schonungslosen Aufdeckerin, die mit ihren auch zeitgeschichtlich bedeutsamen Enthüllungen stets dort angesiedelt ist, wo es korrupten Politikern bis in die obersten Etagen und kriminellen Drahtziehern im mächtigen Polizeiapparat ziemlich weh tut.

Kolonialkämpfe

Die französische Historikerin, die unter einem Pseudonym schreibt, wirft in ihrer jüngsten Krimi-Noire einen präzisen und exakten Blick zurück in das Jahr 1973. Frankreichs kriegerische Kolonialkämpfe mit Algerien sind zwar beendet, aber der Rechtsradikalismus und der Fremdenhass blühen und gedeihen. Morde an Migranten und Anschläge stehen an der Tagesordnung, werden aber vertuscht; wenn nicht, werden die Ermittlungen rasch wieder eingestellt. Die Hafenmetropole wird zu einem Hexenkessel.

Dominque Manotti nennt die Schuldigen beim Namen und sie weiß ganz genau, worüber sie schreibt - sie leistete damals in Marseille aktiven Widerstand gegen die Rassisten und Rechtspopulisten. Dennoch bleibt sie in ihrem Stil neutral, wertfrei, nüchtern - das macht dieses Buch noch düsterer.
Lesetipp: Dominque Manotti. "Marseille. 73" Ariadne. 400 Seiten, 23,70 Euro.