„Slow House“ nennt sich das vergammelte Gebäude im vorletzten Winkel von London, es ist eine An- oder Auslaufstelle für britische Agenten, die irgendwann einmal ziemlichen Mist gebaut haben. Ein Straflager der Verlierer, die vorwiegend Akten entstauben oder in Mülleimern nach verdächtigen Notiz-Zetteln wühlen sollen. „Slow Horses“ werden sie geringschätzig genannt. Unter diesem Titel erschien im Vorjahr auch der erste Teil der Agenten-Serie von Mick Herron, einhellig mit Lobeshymnen bedacht. Im Original erschienen die Werke schon vor einigen Jahren, sie brachten dem Autor Mick Herron etliche Vergleiche mit John leCarré ein – übertrieben ist das nicht.
Auf Trab gehalten
Mick Herron verfügt über reichlich viel Insiderwissen, er versteht es großartig, Spannung aufzubauen und er geizt, auf sprachlich hohem Niveau, auch keineswegs mit Ironie und bissigen Dialogen. Und er setzt markante Charaktere in die Thriller-Welt, allen voran Jackson Lamb, Boss der „lahmen Pferde“, dickbäuchig, obszön, ordinär – aber mit allem geheimdienstlichen Wassern gewaschen. Im zweiten Teil, „Dead Lions“, kommen er und sein anscheinend desolater Agentenhaufen „Schläfern“ auf die Spur, angeheuert vom russischen Geheimdienst. Sie planen einen großen Terroranschlag. Ein enorm spannender Plot, reich an verblüffenden Wendungen, der jeden Freund anspruchsvoller, durchaus realitätsnaher Spionage-Literatur ordentlich auf Trab hält.
Lesetipp: Mick Herron. Dead Lions. Diogenes, 478 Seiten, 24,70 Euro.
Werner Krause