Ein wunderbares Werk, rabenschwarz, furios, urkomisch und mit durchaus wohltuender Wirkung, obwohl an Leichen keinerlei Mangel besteht. Gerhard Henschel (58), der als Autor einen 25-Stunden-Tag haben muss und unermüdlich an seiner grandiosen und voluminösen deutschen Dichter-Saga schreibt, besann sich all seiner ebenso herausragenden Qualitäten als Satiriker (er schrieb ja u. a. für „Titanic“) und meisterlicher Hochkomik. Das Resultat ist eine enorm pointierte Mischung aus Rachefeldzug, Parodie und Notwehr-Aktion, die in ein Tarantino-Massaker mündet.
In „SoKo Heidefieber“ nimmt Gerhard Henschel nicht nur die kaum noch zählbaren Provinz- und Regionalkrimis ins Visier, er schickt auch einen Serienkiller ins turbulente Geschehen. Und der hat nur ein Ziel: Er verübt an den mitunter stümperhaft schreibenden, aber stinkreichen Autoren exakt eine jener Gräueltaten, die sie in ihren Schwarten schildern.
Es wird eine reichlich blutige Angelegenheit, völlig schräg, überdreht – und treffsicher. Ein sprachliches Feuerwerk, an dem auch ein ebenfalls exzellenter Dichter teilnehmen darf oder muss. Frank Schulz, ein Lieblingsautor von Harry Rowohlt, der ja seinerseits mit Onno Viets einen skurrilen Ermittler aus dem Schreibärmel schüttelte, bekommt eine maßgebliche, allerdings schmerzvolle Rolle in diesem Wald- und-Heide-Halali zugeschanzt. Sein Verhängnis: Er bezeichnet das Treiben des Täters, der auch in Österreich und der Schweiz zuschlägt, eher lakonisch als „angewandte Literaturkritik“.
Die Aussage hat verheerende Konsequenzen. Die „Bild“-Zeitung interpretiert sie, gewohnt seriös, etwas anders und bläst zur Hetzjagd auf Schulz, der deshalb südwärts fliehen muss. Aber das sind nur einige Handlungsfäden, an denen Gerhard Henschel virtuos zieht. Zusätzlich gibt er Sprachunterricht, vom Ostfriesischen bis zum Tirolerischen; ermittelt wird natürlich auch, schließlich ist es ein Krimi im Krimi im Krimi. Wer noch auf der Suche nach dem witzigsten und geistreichsten Roman dieser Saison ist, muss zwangsläufig bei diesem kriminellen Geniestreich landen. Oder weiter nur im Keller lachen.
Werner Krause