Der amerikanische Literatur-Rockstar T.C. Boyle hat Dienstagabend die einzige Österreich-Lesung seiner aktuellen Tournee im Innsbrucker Treibhaus absolviert. Das Publikum im proppenvollen Treibhaus-Turm erlebte einen bestens gelaunten Autor in Plauder- und Leselaune. Als Dank dafür sparten die Boyle-Jünger nach getaner Lesearbeit nicht mit Applaus.

T.C. Boyle ließ nicht lange auf sich warten. Wie angekündigt betrat er pünktlich um kurz nach 20.00 Uhr gemeinsam mit der Moderatorin des Abends, ORF-Literaturexpertin Katja Gasser, die Bühne. Zuvor war er aber schon quasi durch sein Werk anwesend gewesen: Sein aktueller Roman "Das Licht" lag schön aufgestapelt und zum Verkauf feilgeboten auf der rechten Bühnenseite.

Der Moment der plötzlichen Realpräsenz des Autors, der von der Presse auch gerne immer wieder als Rockstar der Literatur betitelt wird, hatte es dann in sich. Neben dem schütteren Haar stachen sofort die roten Sneakers und das originelle Hemd ins Auge. Boyle kleidet sich offenbar nicht wie ein 1948 geborener Herr, sondern spielerisch-kindlich mit einem Hang zur poppigen Extravaganz. Teppich und Kerzenschein trugen außerdem zur Intensivierung der Boyle-Erscheinung bei.

In dem der eigentlichen Lesung vorangestellten Gespräch mit der Moderatorin entpuppte sich Boyle als Naturbursch mit Drogenerfahrung. Als Grundlage für sein Glücklich-Sein bezeichnete er seine Kindheit, die er in einem Vorort von New York verbrachte. Dort habe ihn seine Mutter immer wieder einfach bei der Hintertür ins Grüne hinausgeschoben. So sei er ein Naturliebhaber geworden. Später experimentierte er, wie er bereitwillig erzählte, mit sämtlichen zur Verfügung stehenden Drogen. Der Mann weiß also, wovon er in seinem neuen Buch schreibt, in dem er sich mit dem LSD-Guru Timothy Leary und den Trips seiner Anhänger auseinandersetzt.

Der Exzentriker unter den Literaten: T.C. Boyle
Der Exzentriker unter den Literaten: T.C. Boyle © APA/ROBERT JAEGER

Das Schreiben als Droge

Über die Jahre hat Boyle aber wohl das Schreiben als seine Droge entdeckt. Auf der Bühne saß jedenfalls ein gefestigter, fast schon altersweiser, aber nicht altersmilder Mann, der sowohl sein Schreiben als auch seine politische Haltung exzellent reflektieren konnte. Er wolle sein Schreiben nicht politisch vereinnahmen lassen, es gehe ihm um die Kunst. Auf der Bühne nehme er sich aber das Recht heraus, sich politisch zu äußern. Seitenhiebe auf US-Präsident Donald Trump blieben in diesem Kontext ebenso wenig aus wie eine Geißelung des rechten Flügels, der gerade Amerika übernehme.

Nach der etwas zu lang geratenen Plauderei sprach dann aber schließlich die Kunst für sich. Boyle las zwei Passagen aus seinem Roman, von denen sich die erste, wie könnte es anders sein, mit der Einnahme von synthetisch-psychedelischen Drogen beschäftigte. Der Amerikaner trug den Originaltext charismatisch und fesselnd vor, erlag aber nicht der Versuchung, zu schauspielern. Etwas theatralischer legte es seine deutsche Stimme an diesem Abend, der Schauspieler Stefan Wancura, an. Während Boyle gelassen vortrug, konnte und wollte Wancura seine Profession nicht verleugnen.

Warteschlange am Ende

Nach einem neuerlichen Gespräch zwischen Gasser und Boyle, das an die Lesung anschloss, durfte schließlich Schlussapplaus gespendet werden. Das tat das Publikum bereitwillig und euphorisch. Danach war der Autor nicht nur weiterhin anwesend, sondern signierbereit. Die damit einhergehende Warteschlange war lang und belegte sowohl Bedeutung des Autors als auch den Ereignischarakter dieses Leseabends