Wer ist Solness? Einer, der seine Karriere auf dem einstigen Unglück seiner psychisch kaputten Frau (überzeugend versteinert: Julia von Sell) aufbaut, die ihr Überleben nur noch als Pflichterfüllung betrachtet. Ein Parzellierer und Betonierer, der seine Mitarbeiter hemmungslos instrumentalisiert und in Abhängigkeit hält. Einer, der Angst hat, weil er weder alt werden kann noch Macht abgeben will, einer, der sich einst an einem Mädchen vergangen hat, das ihn zehn Jahre später aufsucht, um das damals versprochene Königreich einzufordern.
Dieses Mädchen, Hilde Wangel, wird von Alma Hasun dargestellt, erstmals in Reichenau mit dabei. Sie treibt Solness vor sich her, begeistert ihn für gemeinsame Luftschlösser und hetzt ihn schließlich auf den Turm und in den letalen Absturz, ein liebevoller Rache- und Todesengel. Wie ein Schicksalsdrama thrillert die Handlung auf dieses katastrophale Ende zu, jeden Szenenwechsel mit einem Schuss akustisch dramatisierend.
Hatte Thomas Ostermeier in seiner legendären Inszenierung vor 13 Jahren die Geschichte als Traum interpretiert, Martin Kusej fünf Jahre später den Schluss als Metapher uminterpretiert und Frank Castorf vor drei Jahren in Berlin eine schräge Aktualisierung unternommen, so belässt Lorenz alles im Original. Das ist ein ehrenwertes Unterfangen im Sinne viel beschworener Werktreue, geht sich aber so nicht mehr aus. Missbrauch, Psychiatrie, Mobbing, rücksichtslose Architektur, Religion - um all das auf einen stringenten Nenner zu bringen, bedürfte es stärkerer inhaltlicher Klammern, andernfalls erschließen sich kaum innere Zusammenhänge.