Der Regisseur Nicolas Stemann und der Dramaturg Benjamin von Blomberg leiten ab der Spielzeit 2019/2020 das Schauspielhaus Zürich als gleichberechtigte Co-Intendanten. Die beiden treten die Nachfolge von Barbara Frey an, die das Haus nach zehn Jahren im Sommer 2019 verlassen wird.

Markus Bachofen Römer, Verwaltungsratspräsident der Schauspielhaus Zürich AG, präsentierte Nicolas Stemann am Mittwoch vor den Medien als international arbeitenden und künstlerische Maßstäbe setzenden Regisseur. Benjamin von Blomberg habe seinerseits als Chefdramaturg bereits avancierte Theaterneustarts maßgeblich mitgeprägt.

Mit neu zwei Intendanten setze das Schauspielhaus ein Zeichen, so Bachofen. Einerseits ermögliche man den beiden ambitionierten Theatermachern, sich weiterzuentwickeln, andererseits unterstütze man Teamarbeit und den Willen zu einer kooperativen Führung - als Leitungsmodell der Zukunft.

Die designierten Co-Intendanten, die seit zwölf Jahren zusammenarbeiten, wurden von der siebenköpfigen Findungskommission einstimmig vorgeschlagen. Sie haben sich dabei gegen 48 andere Personen durchgesetzt. Den Ausschlag für die beiden Deutschen gaben laut Peter Haerle, Präsident der Findungskommission, ihre künstlerische und kuratorische Exzellenz, die Energie, die sie als Team ausstrahlen und ihr eingereichtes Konzept für die Zukunft des Schauspielhauses. "Außerdem haben wir bei ihnen den Mut und das Potenzial gespürt, neue Wege zu gehen."

Der 1968 geborene Stemann und Von Blomberg (Jahrgang 1978) möchten einen Ort schaffen, an dem der Theaterprozess als eine im Kern partizipative und soziale Kunstform wieder erlebbar gemacht wird. Ein Ort, an dem man über Dinge nachdenkt, sie spürt und erlebt - "so wie es sonst nicht mehr möglich ist", sagte Stemann.

Sie möchten ein Theater in und für Zürich machen - getreu dem Motto "Lokal verwurzelt - international vernetzt". "Dazu möchten wir mit einer kleinen Gruppe exklusiv arbeiten", sagte Von Blomberg. Die breit aufgestellte Gruppe, bestehend aus Theatermachern unterschiedlicher Herkunft und ästhetischer Positionierungen, soll "in Zürich leben und sich zur Stadt bekennen".

Die Gruppe wiederum wird ein Ensemble aus Akteuren zusammenstellen, die in ihrer Diversität die unterschiedlichen Lebens- und Herkunftserfahrungen der Stadtbevölkerung repräsentieren. "Wir haben die Pflicht von den unterschiedlichen Erfahrungen der Bevölkerung zu erzählen", sagte Von Blomberg.

Darüber hinaus möchten die designierten Intendanten die einzelnen Produktionen wieder wertvoller machen, wie Stemann sagte. Eigenproduktionen sollen auch an anderen Orten gesehen werden können. Deshalb wolle man sich mit anderen Theatern austauschen und allenfalls in Form von Koproduktionen und Gastspielen eng zusammenarbeiten. "Wir werden aber nicht kuratierend durch das Land ziehen und alles einkaufen", versicherte der Regisseur. "Das Schauspielhaus soll nicht zu einem Festivalort oder Gastspielhaus werden."

Stemann ist Stammgast auf österreichischen Bühnen, inszenierte etwa am Burgtheater und bei den Salzburger Festspielen. Wie auch Benjamin von Blomberg arbeitet er regelmäßig mit Elfriede Jelinek zusammen; gemeinsam brachten sie zuletzt mit "Wut" den jüngsten Text der österreichischen Nobelpreisträgerin auf die Bühne der Münchner Kammerspiele. Ebenda arbeiten sie seit der Spielzeit 2015/16 als Hausregisseur respektive Chefdramaturg.

Kammerspiele-Intendant Matthias Lilienthal gratulierte den beiden sogleich in einer Aussendung. "Gute Leute bekommen gute Jobs", wird Lilienthal zitiert. "Ich gratuliere ihnen zu dem Schritt gemeinsam ein Haus zu führen und wünsche ihnen nur das Beste!" In der kommenden Spielzeit seien beide weiterhin in München tätig: Stemann wird im Jänner 2018 "Kant" nach der "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten" inszenieren.

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