Er war unzweifelhaft ein frühreifes Wunderkind. Der am 1. Februar 1874 in Wien in eine großbürgerliche Familie hineingeborene Bub fand schon als Teenager Einlass in die Literaturzirkel Wiens und konnte die deutlich älteren Schriftsteller Arthur Schnitzler und Hermann Bahr zu seinen engen Freunden zählen. Schon damals begann eine geradezu manische Produktion von Texten. Gedichte, Essays, Erzählungen, Dramen. Der mit unfassbarem Sprachgefühl gesegnete Hofmannsthal schrieb und schrieb – bis zu seinem jähen Tod 1929, als er am Tag des Begräbnisses seines Sohnes einen Schlaganfall erlitt. 42 dickleibige Bände umfasst das Werk, das er in seinen 55 Lebensjahren schuf. Er war nicht nur ein Kind seiner Zeit, er prägte sie. Als Dichter des Fin-de-Siècle, der unverkennbar im Zeitalter Sigmund Freuds lebte und arbeitete. Ein Literat der Seelenerkundung, der übersteigerten Empfindung, der das menschliche Dasein und das Konzept vom „Ich“ als nicht mehr konsistent erlebte, sondern als eine Abfolge von Empfindungen. Für den Schöngeist stand die Sinnlichkeit des Erlebens im Mittelpunkt. Den sozialen Problemen stand er sozusagen schon aus literarischen Gründen (er lehnte den Naturalismus strikt ab) kühl gegenüber. Legendär seine Abfuhr an die Nöte des Proletariats in Gedichtform: