Die Erinnerungsforscherin Lea Goldberg weiß: „Es gibt auch andere Erinnerungen. Solche, die nie passiert sind. Scheinerinnerungen, falsche Erinnerungen, und sie entstehen aus vielen Gründen.“ Instinktiv knüpfe das traumatisierte Gehirn aus losen Zusammenhängen ein passendes, reales Geschehen. Die Ausgangssituation im packenden Psychothriller der österreichischen Leo-Perutz-Preisträgerin Theresa Prammer ist ein undurchschaubares Knäuel aus Erinnerungen, Personen und Zeitebenen.

Erst nach und nach entwirrt die Leserin die Entführungsgeschichte rund um zwei Frauen, die nach drei Wochen zeitgleich wieder auftauchen – eine in Berlin und eine in Wien. Beide Opfer haben die gleichen Erinnerungen an ihre Entführungen, und beide glauben, nur zwei Tage verschwunden gewesen zu sein. Spannend bis zum Schluss und mit einem offenen Ende, das auf eine Fortsetzung hoffen lässt, bleibt „Ausgelöscht“ wohl lange in (echter) Erinnerung.

Theresa Prammer. Ausgelöscht. Insel TB. 351 Seiten, 12,40 Euro

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