Vor sechs Jahren sorgte der Animationsfilm "Loving Vincent" für Furore, der aus rund 65.000 Ölgemälden gefertigt wurde. Ein Farbrausch, in dem 130 Werke von Vincent van Gogh zum Leben erweckt werden. Die derzeit rund um die Welt tourenden immersiven Shows setzen auf einen ähnlichen Effekt, der aber in einem nach oben hin offenen weißen Raum auf die Spitze getrieben wird: Rund 35 Minuten wird mit Projektionen und Videoanimationen Leben und Werk des Ausnahmemalers durchchoreografiert, wobei der Fokus weniger auf den biografischen Eckdaten liegt, sondern das Gesamtkonzept mehr dem ästhetischen Erlebnis an sich unterworfen ist. Alles regt sich, alles bewegt sich: Klassiker wie die "Sternennacht", "Weizenfeld mit Krähen", "Sonnenblumen" werden opulent und dicht mit Sprache, Hintergrundmusik und Text zum Leben erweckt. Durchaus ambitioniert, wenn man bedenkt, dass die Aufmerksamkeitsspanne des Menschen in einer digitalen Welt bisweilen schwächelt.
Dass sich die Handymitfilmer in Grenzen halten, hat auch damit zu tun, dass sich diese Form des "multimedialen Spektakels", wie es die Veranstalter selbst bezeichnen, an den Mechanismen der digitalen Unterhaltungsmaschine bedient: ein steter Informationsstrom in einer Wohlfühlatmosphäre. Das kann mitunter kitschig sein, der Unterhaltungsfaktor ist dennoch gegeben. Vor allem das Eintauchen in die Klassiker ist ein digitales, ästhetisches Erlebnis. Was man von den zuvor analogen und nach Ausstellungsmanier inszenierten Kopien eher nicht behaupten kann. Das mag aus pädagogischer Sicht vielleicht durchgehen, die Bilder sind mit biografischen Details versehen und geben Einblicke in Leben und Werk Van Goghs. Insgesamt zeigt sich aber auch, dass sich Ausstellungshäuser nicht vor diesen Konzepten fürchten müssen, denn das Original ist unschlagbar. Für ein kurzweiliges Eintauchen in die Welt der Kunst taugen immersive Konzepte jedoch allemal.