Gute Popmusik soll ins Ohr gehen, möglichst dort bleiben und einfach mitzusingen sein. Noch bevor sich dieses Musikgenre in der Mitte des 20. Jahrhunderts etabliert, schreiben zwei Frauen ein Stück, das sich später zu einem Welthit entwickelt. Das mittlerweile in viele Sprachen übersetzte "Happy Birthday To You" hat vor 130 Jahren seinen Ursprung in einem US-Kindergarten.

Das heute beliebte Geburtstagsständchen geht auf die von Deutschen beeinflusste Kindergartenbewegung in den USA zurück. 1893 komponiert die Musikerin Mildred Hill aus Kentucky zusammen mit ihrer Schwester, der Kindergärtnerin und in dem Fall Texterin Patty, die Ursprungsversion. Das Stück hieß damals "Good Morning To All" ("Guten Morgen an alle"). Die Schwestern veröffentlichen es in ihrem Liederbuch "Song Stories for the Kindergarten".

Erfolgsformel: einfacher Text und eingängige Melodie

Mildred und Patty hätten ein Lied erschaffen, das "extrem einfach zu singen, aber musikalisch interessant und emotional ausdrucksstark ist", schreibt der US-Rechtswissenschaftler Robert Brauneis in seiner Arbeit "Urheberrecht und das beliebteste Lied der Welt".

Durch den einfachen Text und die eingängige Melodie wird das Lied damals im Unterricht genutzt. Da es nur aus sechs Wörtern bestehe, habe man den Text leicht zu verschiedenen Anlässen wie Feiertagen und Geburtstagen verändern können, fand Brauneis heraus.

Es gibt verschiedene Versionen, wie sich "Good Morning To All" später zu "Happy Birthday To You" wandelt. Die Songwriters Hall of Fame gibt an, das Lied der Schwestern sei 1924 ohne Genehmigung in einem Liederbuch erschienen. Darin habe Herausgeber Robert H. Coleman den Originaltitel und den Text der ersten Strophe verwendet, den Anfang der zweiten Strophe aber in "Happy Birthday To You" geändert.

Eine andere Version geht so: Während einer Geburtstagsfeier für ihre Schwester soll Patty vorgeschlagen haben, den Liedtext in "Happy Birthday To You" zu ändern. Das behauptet die offizielle Geschichte des "Little Loomhouse", eines historischen Weberhauses in Louisville (US-Staat Kentucky) aus dem 19. Jahrhundert, wo die Feier stattfand.

Komponistinnen erleben den Erfolg ihres Hits nicht mehr

Ohne den neuen Text wäre die Melodie wahrscheinlich nicht bekannt geworden, mutmaßt Rechtswissenschaftler Brauneis. Ab den 1920er-Jahren wurde der Song in mehreren Liederbüchern mit dem heute bekannten Text veröffentlicht. Bis 1935 sei das Stück zum Standard-Geburtstagslied geworden, erklärt Brauneis.

Den ganz großen Erfolg ihres Stücks erlebten die Komponistinnen nicht. Mildred Hill starb 1916 mit 57 Jahren - Jahre bevor die Melodie als "Happy Birthday To You" berühmt wird. Patty Smith Hill starb 1946 im Alter von 78 Jahren. Sie erlebte noch mit, dass sie und ihre Schwester das Fundament für eine weltweite Geburtstagstradition gelegt hatten.

Marilyn Monroe hauchte den Song für John F. Kennedy

Einen Höhepunkt erlebte das Stück mit dem Auftritt der Hollywood-Ikone Marilyn Monroe. Das Sexsymbol des 20. Jahrhunderts sang im Mai 1962 im New Yorker Madison Square Garden zum 45. Geburtstag des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy die wohl berühmteste Version von "Happy Birthday To You". Die Diva hauchte eine laszive Variante des Songs ins Mikrofon. Ein Auftritt, der auch den Präsidenten beeindruckte. Auf der Bühne sagte er: "Ich kann mich jetzt von der Politik in den Ruhestand begeben, nachdem 'Happy Birthday' in so einer süßen, wohltuenden Weise für mich gesungen wurde."

Eines der drei bekanntesten Musikstücke in englischer Sprache

Das Guinness-Buch der Rekorde von 2008 ehrt "Happy Birthday To You" als eines von drei der bekanntesten Musikstücke in englischer Sprache. Die anderen beiden sind der Dauerbrenner zum Jahreswechsel "Auld Lang Syne" und die Feierhymne "For He's A Jolly Good Fellow".

Fast acht Jahre ist es her, dass ein US-Bundesgericht "Happy Birthday To You" zum Allgemeingut erklärt hat. Das heißt: Seitdem darf es jeder singen, verwenden und veröffentlichen, ohne dafür zur Kasse gebeten zu werden.

Zuvor hatte der US-Musikriese Warner Music Group das Urheberrecht an dem Lied für sich beansprucht und abkassiert. Man durfte den Song zwar auf der Geburtstagsfeier zu Hause kostenlos trällern. Aber sobald das öffentlich oder zu kommerziellen Zwecken geschah, musste an Warner gezahlt werden. 1988 hatte sich der Konzern die Rechte gesichert und jedes Jahr rund zwei Millionen US-Dollar an Lizenzgebühren eingenommen. Mit 5.000 Dollar am Tag galt "Happy Birthday To You" lange Zeit als eines der lukrativsten Lieder der Welt.