Seltsame, zuweilen absurde Wendungen prägen ihre Werke, dies gilt in ähnlicher Art und Weise auch für ihr Dasein als Schriftstellerin. Vor rund 50 Jahren erreichte die Karriere der amerikanischen Autorin Joy Williams einen ihrer ersten Höhepunkte. Damals lieferte sie sich mit dem literarischen U-Boot Thomas Pynchon ein Duell um den begehrten National Book Award.


Vor allem ihre Short Storys, tragikomisch, bizarr, teilnahmslos, brachten ihr eine Fülle von Verehrern ein. Raymond Carver, selbst eine Lichtgestalt im Bereich der Short Cuts, war einer der ersten Bewunderer, später gesellten sich James Salter, George Saunders und andere Sprachmagier hinzu.


Der gebührende Ruhm blieb der Dichterin dennoch versagt, auch in ihrer Heimat. Zwölf Romane und Erzählbände verfasste sie, zum echten Bestseller aber wurde ein Reiseführer über Florida. All das würde wunderbaren Stoff für eine weitere Erzählung liefern, in der stets das Unerwartete Triumphe feiert.

Eine "große Entdeckung"

Nun, im Alter von 79 Jahren, wird die Autorin, deren optisches Markenzeichen eine Sonnenbrille ist, die sie angeblich auch in der Nacht nicht abnimmt, auch im deutschsprachigen Raum als "große Entdeckung" gefeiert. Übertrieben ist das keineswegs.
Aus ihrem enormen Fundus suchte Joy Williams für den aktuellen Band "Stories" insgesamt 13 Erzählungen aus. Irgendeine spezielle Anteilnahme am Schicksal ihrer Figuren liegt ihr völlig fern. Sie verbringen einige Jahre in einer Welt ohne Verheißungen oder sind schlicht und einfach selbst allergisch gegen das ereignislose Leben.
Ein Autonarr kauft sich eine Rostschüssel, die sich als völlig unfahrbar erweist, also wuchtet er sie ins Wohnzimmer; in der desolaten Benzinkutsche verbringen er und seine Frau fortan ihre Abende. Die Ehefrau eines Forensikers verliebt sich in eine aus Hirschhorn gefertigte Steh- und Leselampe, die ein sonderbares Eigenleben entwickelt.
Es ist groteskes Existenztheater, das Joy Williams virtuos inszeniert, mit beachtlichem Weitblick. "Letzte Generation" alias "The Last Generation" betitelt sich eine 1990 entstandene Story, die etliche Bezüge zur Gegenwart aufweist.
Nächstes Jahr soll ein Roman folgen. Da, immerhin, besteht Hoffnung.

Joy Williams. Stories. dtv, 304 Seiten,  25,70 Euro
Joy Williams. Stories. dtv, 304 Seiten, 25,70 Euro © Verlag