Andrea Mayer möchte eine Frau, heißt es. Das Burgtheater, nach wie vor wichtigstes Sprechtheater des deutschen Sprachraums, soll 2024 eine Chefin kriegen. Blöd nur, dass die Großkaliber des Gewerbes der Reihe nach abgewunken haben sollen. Barbara Frey, Leiterin der Ruhrtriennale, will nicht, Karin Beier, Intendantin des Hamburger Schauspielhauses, will auch nicht. Detto Bettina Hering, die scheidende Schauspielchefin der Salzburger Festspiele. Mayer ihrerseits will angeblich weder Burgschauspielerin Maria Happel, die sich beworben hat, noch die St. Pöltener Intendantin Marie Rötzer, die das heimische Feuilleton lange favorisierte.
Wie es der Kulturstaatssekretärin gefällt, soll sich nun also Anfang dieser Woche zeigen. Auf dem Dreiervorschlag, den ihr die Findungskommission vorgelegt hat, soll noch eine Unbekannte gelistet sein. Das ist erstaunlich, denn das Kandidatenfeld scheint medial mittlerweile allergründlichst durchspekuliert: Thomas Ostermeier und Barrie Kosky (beide in Berlin) wurden gern genannt, Andreas Beck (München) – und mit Anna Bergmann (Karlsruhe) dann endlich doch noch eine Überraschungskandidatin. Ein Ende des fieberhaften Namedroppings scheint nicht in Sicht.
"Wie eine Bundeskanzlerwahl"
Auch die ehrwürdige "Frankfurter Allgemeine Zeitung" amüsiert sich da schon über die Erregung: In der österreichischen Hauptstadt fiebere derzeit alles "einer Entscheidung entgegen, die im kollektiven Bewusstsein der Wiener offenbar nur kurz hinter der Wahl eines Bundeskanzlers rangiert", war da jüngst zu lesen. Aber warum sollte eigentlich nicht Kušej weitermachen? Man kennt den aus Kärnten stammenden Theatermacher für frappante Inszenierungen an Sprech- und Musiktheatern. Als gefeierter Intendant des Münchner Residenztheaters wurde der mittlerweile 61-Jährige 2019 geholt, in Wien hat er sich aber nie wirklich beliebt machen können. Auch wegen eines Programms, das oft bemerkenswert, aber selten verblüffend ist. Und zu grimmig ist er einer Klientel, die an ihren Burg-Chefs – siehe Claus Peymann – sardonische Eloquenz bevorzugt oder – siehe Matthias Hartmann – auch durchaus seifige Kultiviertheit.
Kušej hat, auch wegen Corona, sein deklariertes Vorhaben, er wolle die Burg zum "europäischen Nationaltheater" machen, im Reigen der Lockdowns nicht umsetzen können. Vorgehalten wird ihm nun, er habe sich mit seinem Theater der Pandemie insgesamt zu wenig entgegengestemmt. Was schwer wiegt, zumal seither das Publikum flöten ging: Nur rund 70 Prozent Auslastung meldeten Burg- und Akademietheater zuletzt, zu wenig für dieses Haus. Nicht zuletzt wird dem Direktor nun auch noch öffentlich ein ziemlich bärbeißiger Umgang mit der Belegschaft angekreidet. Ebendiese bat er daraufhin in einem Rundschreiben "um eine klare Stellungnahme und ein öffentliches Signal" zu seinen Gunsten. Die Reaktionen im Haus waren verhalten. Schwer, das nicht als Zeichen für Veränderung zu sehen.
Ute Baumhackl