Abgesehen davon, dass "Love Machine" ein großer Publikumserfolg war, was war die Inspiration, die Geschichte von Georgy weiterzuerzählen?
Thomas Stipsits: In erster Linie das super Treatment von Silvia Wohlmuth. Wir haben nicht von Anfang an spekuliert, ob es einen zweiten Teil geben wird. Wir haben nur gemerkt, okay, da kommen viele Leute ins Kino und die mögen den Film. Dann wurde mal darüber nachgedacht. Wir durften nicht den Fehler machen, dass wir versuchen, was den Humor betrifft, irgendwie eins draufzusetzen, denn das geht dann meistens schief.

Was gefällt den Leuten so gut an dieser Geschichte? Ein Callboy ist ja nicht unbedingt etwas, womit man sich identifizieren kann.
Sexualität ist ein Thema, das betrifft uns alle. Ich merke das bei den Sexwitzen in meinen Kabarett-Programmen. Da kommt bei vielen noch das Kind durch. Ich könnte mir vorstellen, dass das der Grund ist, warum man sich das gerne anschaut. Ein Milieu, das man nicht so gut kennt. Der Film hat auch nichts Elitäres oder Nischenhaftes. Da gibt es eine Identifikation für das Publikum.

Das Ende des ersten Teils war ein Plädoyer für ungewöhnliche Beziehungen. Sie akzeptiert ihn als Callboy. Jetzt versucht er, da wieder wegzukommen.
Das hat damit zu tun, dass sie beide jetzt Eltern sind. Beim Georgy drängt sich zum ersten Mal in seinem Leben das Wort Verantwortung auf. Er merkt, man kann natürlich mit einem Freiheitsdrang durchs Leben gehen. Aber es gibt gewisse Parameter, die man, wenn man sein Kind liebt, einhalten sollte. Das gilt auch für die Jadwiga. Gemeinsam können sie Wurzeln schlagen.

Was glauben Sie, warum es in so vielen Filmen, die von Männern handeln, darum geht, dass sie aus ihrem Kind-Status herausreifen müssen?
Ich glaube, Männer haben es gern, wenn sie Verantwortung abgeben können und sagen, das machst du, dann kann ich das machen, was mir taugt. Das machen Kinder auch sehr gern. Dieses berühmte "Ich habe Durst". Jetzt kannst du springen und dem Kind was zu trinken holen, oder du sagst, geh in die Küche und hol dir selber was.

In den drei Jahren seit dem ersten Teil sind Intimacy-Koordinatoren und die Frage, wie Sex inszeniert wird, in den Vordergrund gerückt. Hat das sich auch auf dem Set widergespiegelt?
Die meisten, die mitgespielt haben, kannten sich schon untereinander. Das hilft natürlich sehr. Man darf auch nicht vergessen, dass wir eine Komödie erzählen. Das heißt, diese Sexszenen haben auch parodistische Züge. Ich hatte mit der Angelika Niedetzky eine Szene, da gab’s ein Problem mit dem Licht. Die haben uns gebeten, dass wir mit Decke kurz so bleiben. Jetzt sitzen wir da nackt aufeinander, und haben Gespräche geführt wie: Was kochst du morgen? Und dann heißt es plötzlich "Licht passt und Leidenschaft". Das war schon witzig.

Sie mussten für den Film wieder eine häufig weibliche Assoziation, die eines objektifizierten Sexobjekts, annehmen.
Ich glaube, das ist das Gute, dass der Georgy nicht so ausschaut, wie man sich einen klassischen Callboy vorstellt. Wir haben ja so Klischeevorstellungen von Escort-Männern. Aber wir sind bei den Recherchen draufkommen, dass Frauen, die in höheren Positionen sind, bei Männern ein komisches Angstgefühl auslösen, weil sie so taff im Geschäftsleben sind. Das wird dann bei manchen gleichgesetzt mit "die kann keine Liebe und Zärtlichkeit empfinden". Solche Frauen sind manchmal einsam. Die Männer, die hinkommen, bieten dann oft gar keine sexuellen Dienste an, sondern sind da, um Zärtlichkeit zu geben, um Partner zu sein, um ins Kino zu gehen. Wir haben gerade in der Pandemie gemerkt, wie wichtig Berührungen und menschliche Nähe sind.

Die Frauen im Film sind überfordert, haben eine schlechte Work-Life-Balance. Sie haben den Film aber noch vor Ihrem eigenen Burnout gedreht. Ein glücklicher Zufall, dass das Thema angesprochen wird?
Die klassischen Familien befinden sich in einem Umbruch. Unsere Zeit wird knapper. Alleinerziehende Mütter und Väter haben ein ungeheures Pensum, das sie stemmen müssen. Es wundert mich nicht, dass so viele Menschen am Rande der Erschöpfung sind.