Welches Ziel hat die neue Vertrauensstelle vera*?
SOPHIE RENDL: Die Stelle wurde nach einem Nationalratsbeschluss und im Auftrag der Politik gegründet, um gegen Machtmissbrauch, sexuelle Übergriffe und Gewalt in Sport, Kunst und Kultur vorzugehen. Sie ist ein Zusammenschluss aus zwei Vereinen. Und hat zwei Ziele. Erstens: Sie soll eine Anlaufstelle für alle Betroffenen sein. Es wird ihnen zugehört, und sie werden beraten. Zweitens: Wir wollen die Strukturen verändern. Es handelt sich nicht um Einzelfälle.


Immer wieder tritt Machtmissbrauch in der Kunst- und Kulturszene auf. Nebst starker Hierarchie zwischen Regie und Schauspielenden, prekären Arbeitsbedingungen, die Abhängigkeiten fördern, passiert oft vieles unter dem Deckmantel der Kunst. Was darf Kunst und was nicht?
Viele betroffene Personen sahen sich lange mit bestimmten Verhaltensweisen konfrontiert: Wer dabei sein will, muss mitmachen. Machtmissbrauch unter dem Deckmantel der Kunst ist erschreckend weit verbreitet. Es gibt diese Mär vom Genie und Wahnsinn – auch in Zusammenhang mit Ulrich Seidl. Negatives Verhalten und Übergriffe sind nie gerechtfertigt. Die Grenze ist dort, wo die persönliche Grenze überschritten wird.


Konsensual werden im Theater oder am Filmset oft Grenzen überschritten. Wie verhält es sich, wenn Kinder am Set sind?
In Österreich existieren mit dem Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz sehr klare Regelungen, was erlaubt ist. Kinder dürfen maximal vier Stunden pro Tag arbeiten, in ihrer Gesundheit, körperlichen und geistigen Entwicklung nicht gefährdet sein. Und: Psychologische Betreuung muss anwesend sein.


Hätte Intim-Coaching am Set geholfen?
Eigentlich sind die Bestimmungen für Kinder streng und die Psychologinnen und Psychologen dafür da. Intim-Coaches, das belegen Filmschaffende, sind aber für Sexszenen sehr sinnvoll.


Österreich hat seit diesem Sommer eine verstärkte #MeToo-Debatte. Das ist einer der ersten konkreten Fälle. Was bringt es, wenn Einzelfälle publik werden?
Betroffene profitieren immer, wenn Einzelfälle publik werden oder es eine Debatte gibt. Denn so erkennen sie, dass sie eben kein Einzelfall sind, sondern dass etwas System hat. Das gibt ihnen Hoffnung und vielleicht Mut.

Alle Details: https://vera-vertrauensstelle.at/