Der italienische Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist Raffaele La Capria ist am Montag im Alter von 99 Jahren gestorben. Der 1922 geborene Autor wurde durch seinen zweiten Roman "Ferito a morte" ("Tödlich verwundet", 1961) auch im deutschsprachigen Raum bekannt. Damit gewann er Italiens renommierteste Literaturauszeichnung, den Strega-Preis. Der Roman gilt heute als Klassiker der italienischen Literatur.
La Capria wird als eine der bedeutendsten literarischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts in Italien gesehen. Er wurde in Neapel geboren, wo er die prägenden Jahre seines Lebens verbrachte. Dort absolvierte er ein Jusstudium, bevor er sich in Frankreich, England und den USA aufhielt und sich dann in Rom niederließ. Er trug zu den Kulturseiten der Tageszeitung "Corriere della Sera" bei und war Co-Chefredakteur der Literaturzeitschrift "Nuovi Argomenti".
Rai Cultura schrieb auf Twitter: "Abschied vom Schriftsteller Raffaele La Capria, einer der maßgeblichsten Stimmen des zwanzigsten Jahrhunderts und Seele Neapels. Mit "Tödlich verwundet" hatte er 1961 den Strega Award gewonnen. Im Oktober wäre er 100 Jahre alt geworden."
Prozess durch Bauspekulanten aufgrund des Buches
1951 veröffentlichte La Capria seinen ersten Roman um die Wirren junger Leute in den frühen 1940er-Jahren, "Un giorno d'impazienza" ("Ein Tag der Ungeduld"). Erst zehn Jahre später erschien "Ferito a morte" und machte Raffaele La Capria bekannt. In wechselnden Perspektiven erzählt der Roman von der schmerzenden Ablösung eines jungen Mannes aus der einschläfernden Atmosphäre Neapels und der eigenen bürgerlichen Familie, aber auch vom Abschied aus einer Stadt, die durch Bauspekulation zerstört wird. Das brachte La Capria außer dem prestigereichen Premio Strega auch einen Prozess durch Bauspekulanten ein, der ihn mehr als das Preisgeld kostete.
Zwölf Jahre später veröffentlichte La Capria seinen dritten Roman, "Amore e Psiche", der die Problematik eines Intellektuellen in den 1960er-Protestjahren darstellen wollte. Mit dem autobiografischen Text "False partenze" (Fehlstarts) beschrieb der Autor nicht ohne Ironie und Selbstkritik seinen Werdegang nach einer im Faschismus aufgewachsenen, ahnungslosen Jugend.
Inzwischen hatte La Capria an wichtigen Filmen als Drehbuchautor mitgearbeitet, so an Francesco Rosis "Le mani sulla città". Der Film stellte, wie La Caprias Roman, die brutale Zerstörung Neapels durch die Bauspekulation dar. Der Streifen gewann den Goldenen Löwen in Venedig. Als Co-Drehbuchautor arbeitete La Capria auch an Rosis Filmen "Uomini contro" (1970) und "Cristo si è fermato a Eboli" (1979). Im September 2001 erhielt er den Literaturpreis Campiello für sein Lebenswerk, und 2005 wurde er für sein Werk "L'estro quotidiano" als Gewinner des Viareggio-Preises für Belletristik ausgewählt.